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Meinung: Trialog: Wettbewerb führt auch zusammen

Alle haben sich nach den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich zum Ge-winner erklärt. Das kann für den Steuerzahler teuer werden.

Alle haben sich nach den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich zum Ge-winner erklärt. Das kann für den Steuerzahler teuer werden. Vor allem aber sind die Probleme zu Lasten der Zukunft gelöst worden, denn die wundersame Geldvermehrung für alle Länder entsteht durch die Aussetzung der Tilgungen beim Fonds Deutsche Einheit.

Dass größerer Streit zwischen Bund und Ländern vermieden wurde, mag immerhin tröstlich sein, aber gelöst sind die grundlegenden Probleme nicht, die unserer bun-desstaatlichen Ordnung nicht und die der Hauptstadt schon gar nicht.

Die Hauptstadt ist Sache des ganzen Landes, von Bund und allen Ländern. Das heißt nicht, dass Berlin nicht zuerst seine Probleme selber lösen muss, was Fehlentwicklungen in der Vergangenheit anlangt und vor allem, was die notwendigen Entscheidungen für Wachstum, Investitionen, Existenzgründungen und Arbeitsmarkt anbetrifft. Aber dass 40 Jahre Teilung und Insellage stärker nachwirken, als 1990 alle gehofft hatten, das muss in der nationalen Solidarität des ganzen Landes mit seiner Hauptstadt stärkeren Ausdruck finden.

Und dass unser föderales System der Reform bedarf, das hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident dieser Tage eindrucksvoll beschrieben. Unsere bundesstaatliche Ordnung ist Ergebnis deutscher Geschichte, und sie verbindet Einheit und Vielfalt, gesamtstaatliche Handlungsfähigkeit und regionale Eigenständigkeit in der richtigen Weise.

Dezentralisierung ist in unserer Zeit das bessere Ordnungsprinzip für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Aber Dezentralisierung erfordert Wettbewerb, weil der Wettbewerb die besseren Lösungen identifiziert. Natürlich setzt Wettbewerb zwischen den Bundesländern Chancengleichheit voraus, und die herzustellen ist Sache des Finanzausgleichs. Aber die Ergebnisse dürfen nicht nivelliert werden, weil sich sonst Leistung und Sparsamkeit nicht lohnen.

Dazu müssen Aufgaben und Einnahmen zwischen Bund und Ländern richtig zugeordnet werden. Es muss klar sein, wer für welche Entscheidung die Verantwortung trägt. Und getreu dem Grundsatz, dass die Musik zu bezahlen hat, wer sie bestellt, sollten Bund, Länder und Kommunen grundsätzlich die Steuern selbst beschließen, die sie für die Ausgaben im Rahmen ihrer Zuständigkeit benötigen. Mit Hebesatzrechten bei einheitlicher Bemessungsgrundlage ist das möglich. Und diese Neuordnung im Bund-Länder-Verhältnis muss noch geleistet werden. Wer über staatliche Ausgaben beschließt, sollte gegenüber dem Wähler auch die Verantwortung für die dazu notwendigen Steuereinnahmen übernehmen.

In Europa erleben wir die gleiche Debatte. Ohne dass klar ist, wer welche Entschei-dungen zu verantworten hat, ist demokratische Legitimation nicht zu erreichen. Wenn zwischen europäischer Einigung und nationaler Identität die Balance gehalten werden soll, müssen die Bürger wissen, was Europa künftig entscheidet und was die Mitgliedsstaaten.

In der Zeit von Globalisierung und Internet ist Dezentralisierung das richtige Bauprinzip. Deshalb hat Föderalismus Zukunft, in Deutschland und in Europa. Aber dazu muss er reformiert werden. Mit den Bund-Länder-Verhandlungen ist die Diskussion nicht beendet, sondern allenfalls eröffnet.

Wolfgang Schäuble ist Präsidiumsmitglied

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