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Tsipras, Putin und der Euro: Beim Geld fängt die Freundschaft an

Wladimir Putin lockt Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras mit Finanzhilfen. Der darf das Geld nicht nehmen. In dieser Situation hilft nur: Ruhe bewahren. Die Griechen brauchen Zeit zum Nachdenken. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Kevin P. Hoffmann

Putin sei Dank. Würden seine Soldaten nicht ihre Pässe auf den Schlachtfeldern im Donbass verlieren, sodass der Ukrainer Poroschenko diese auf der Münchner Sicherheitskonferenz in die Kameras halten kann, um zu beweisen: Die Russen sind da! – also, wäre Putin nicht, dann wäre der Streit um die frischfrechen Griechen Tsipras und Varoufakis auf ihrer Europatour womöglich der Anfang vom Ende des Euros und der Europäischen Union, so, wie wir sie kennen. So aber werden wir demokratischen Europäer das schon schaffen. Schaffen müssen.

Europas schwarzes Schaf: Alexis Tsipras am 5. Februar vor dem Parlament in Athen.
Europas schwarzes Schaf: Alexis Tsipras am 5. Februar vor dem Parlament in Athen.

© AFP/Louisa Gouliamaki

Putin eint Europa. Er zwingt die EU-Regierungschefs und die Europäische Zentralbank dazu, alles zu tun, damit der Staatenbund nicht auseinanderfliegt. Es wäre Putin eine Freude, den Griechen einen Austritt aus dem Euro zu finanzieren. Als mächtiger Geldgeber hätte er indirekt einen Sitz im Europäischen Rat. Den neuen Regierungschef Tsipras hat er bereits zu sich eingeladen. Da mag sein Finanzminister beteuern: „Wir werden niemals in Moskau um Finanzhilfe nachsuchen.“ Sobald der Mann nicht mehr auf dem Motorrad ins Ministerium fahren kann, weil er als oberster Wahlversprechenbrecher Panzerautotüren braucht, wird er anders reden.

Im Jahre 2015 gibt es keine Vereinigten Staaten von Europa, dennoch: Leiht sich Athen in Moskau Milliarden, wäre das, als würde der US-Bundesstaat Illinois die Vereinigten Sozialisten in Venezuela oder die Mullahs in Teheran anpumpen. Das geht nicht.

Das alles heißt nicht, dass die – im Prinzip – zu Recht strengen Euro-Länder Deutschland, Finnland oder die Niederlande bis über jede Schmerzgrenze hinweg von den Griechen erpressbar wären. Das dürften die beiden Griechen nach ihrer Tour durch Europa schon gespürt haben. Es lässt sich aber kaum leugnen, dass die Südländer inklusive Frankreich objektiv gerade gute Karten haben, nicht nur wegen der russischen Bedrohung, auch wegen der Machtverhältnisse in EU-Kommission und EU-Parlament.

Das gilt für ihren laxen Umgang mit den Maastricht-Kriterien zur Haushaltsstabilität wie für die von Draghi angekündigte Billionenschwemme. Die EZB wird für die ökonomisch schwachen Euro-Länder Geld drucken, die EU-Kommission lässt sie Schulden aufnehmen, damit sie das tun können, was nötig ist, um Teilen der heutigen Generation aus Elend und Armut zu helfen. Ist Politik, auch Geldpolitik, nicht dafür da?

Geldpolitische Vernunft walten lassen! An die nächste Generation denken! Das sagt sich leicht angesichts von Rekordzahlen bei Erwerbstätigenquote und Steueraufkommen hierzulande. Das soll Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und Jens Weidmann nicht davon abhalten, es immer wieder zu fordern. Das gehört zum Feilschen.

Am Ende zeigt sich in dieser Phase der Wirtschaftskrise, wie sehr wir Deutschen es ernst meinen mit Europa, diesem fantastischen Friedensprojekt. Beim Geld fängt die Freundschaft an. Das bedeutet nicht, dass deutsche Steuerzahler die Wahlversprechen einer griechischen Populistentruppe finanzieren. Es heißt aber, dass wir Europas schwarzem Schaf mehr Zeit geben müssen als bis zum Euro-Finanzministertreffen in einer Woche, um einen Schuldenplan vorzulegen. Es bedeutet, dass unsere Regierung unseren Nachbarn helfen muss, ein Maß zu finden, um ihr Maß zu halten.

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