zum Hauptinhalt
Bryan Cranston als Walter "Walt" Hartwell White und Anna Gunn als Skyler White.

© Frank Ockenfels 3/Sony Pitures/dpa

TV-Serien: Wartet nicht auf eine deutsche Antwort zu "Breaking Bad"!

Wann werden in Deutschland endlich so großartige Serien wie "Breaking Bad" gedreht, fragen sich viele Leser. Doch der ARD und dem ZDF diesen Mangel vorzuwerfen macht so viel Sinn, wie zu fragen, warum die USA eigentlich noch nie Fußballweltmeister geworden sind.

Man kann nun wirklich nicht behaupten, dass in den vergangenen Jahren zu wenig Texte erschienen sind, die erklären, behaupten, ausrufen, dass das US-amerikanische Fernsehen um so vieles besser sei als das bundesdeutsche Fernsehen, und dass es im Prinzip sogar dem Kino den Rang abgelaufen habe. Jeder Praktikant, der mal für zwei Tage in eine Medienredaktion reinschnuppern durfte, schlug das als Thema vor, und viele Kollegen, die vom Fernsehen überhaupt keinen Schimmer haben, wollten unbedingt auch noch das hundertste Loblied auf eine US-Serie schreiben, egal auf welche, sind ja schließlich alle toll. Die ganz pfiffigen drehten das Thema dann auch weiter und zeigten ARD und ZDF mal, wie der Hase läuft, in dem sie sehr vorwurfsvoll fragten, warum denn unser „so stark gebührenfinanziertes“ Fernsehen das alles nicht können würde. Die Texte waren übrigens allesamt so langweilig wie die Wiederholung einer „Lindenstraßen“-Folge.

"Breaking Bad" gewinnt Emmy für beste Drama-Serie

Am vergangenen Sonntag wurden die Emmys verliehen. Das sind die amerikanischen TV-Preise, und wie immer bei solchen Preisen gehen einige in Ordnung – und andere nicht. Als Beweis dafür, dass im Fernsehen alles anders, alles besser ist, taugte diese Veranstaltung allerdings nicht: Im Bereich Comedy zum Beispiel überging man die Gag-Revolutionäre Lena Dunham („Girls“) und Louis C.K. („Louie“) und landete unter anderem bei der Dutzendware „The Big Bang Theory“ – was eventuell aber auch nur bedeutet, dass das Comedy-Genre erst noch die Entwicklung nehmen muss, die das Drama-Genre bereits vor Jahren genommen hat: völlig zurecht aber viel zu spät gewann „Breaking Bad“ den Emmy für die beste Drama-Serie.  Kommenden Sonntag läuft in den USA die allerletzte Folge, am Dienstag dann beim Sky-Sender AXN, Mittwoch gibt es das Finale bei iTunes. Die Serie ist die Krönung dessen, was mit „24“ begann und mit „The Wire“ weiterging – wenn es nicht „Homeland“ geben würde. Die zweite Staffel startet am Sonntag in Deutschland, in den USA startet am selben Tag die dritte Staffel – und wie unglaublich, wie großartig, wie atemberaubend das alles ist, das klären wir nicht an dieser Stelle, das erklärt Joachim Huber am Sonntag im Tagesspiegel. An dieser Stelle erklären wir nun, dass es jetzt auch mal wieder gut ist mit dem Hype um amerikanische Serien.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dass der Hype vorbei ist, wird auch dadurch klar, dass in „Bild“ am Mittwoch zu lesen war: „Die besten TV-Serien der Welt – wie gut sie wirklich sind und wo ich sie sehen kann.“ Daneben durfte ein Klatschkolumnist bekennen, dass er süchtig nach Serien sei. Er schreibt: „Man lädt sich seine Serien heute „runter“. Hört sich unanständig an? Ist’s auch.“ Noch ein bisschen unanständiger ist es allerdings, dass „Bild“ auch in dieser Geschichte auf eine ganz bestimmte Internetseite hinweist, wo man sich Serien kostenpflichtig anschauen kann, aber nun ja.

„Breaking Bad“ endet – es gibt noch „Homeland“, es gibt noch „Game of Thrones“ – aber sonst? „Mad Men“ war schon immer die überschätzteste Serie von allen, langweiliger, dünner Quark – alles im Schaufenster, nix im Laden. „House of Cards“, „The Newsroom“ – ja, gut, aber die Wucht fehlt ein wenig, zu selten sitzt man mit offenem Mund davor und denkt, dass das alles doch gar nicht wahr sein kann, wie man das zum Beispiel bei der drittletzten Folge von „Breaking Bad“ tat. Diese Wucht übrigens brauchte fünf Staffeln, 60 Folgen, 46 Stunden. 46 Stunden! Was also soll dieser dämliche „Fernsehen ist das bessere Kino“-Spruch? Im Kino werden 3 Stunden bereits als Strapaze angesehen.

Fernsehen wird nie Kino sein

Fernsehen ist nicht Kino, es wird nie Kino sein, Fernsehen funktioniert nach anderen Regeln, die Art des Konsums ist ein anderer – und beides ist auch nicht „besser oder schlechter“ als das andere oder „besser oder schlechter“ als früher. Das Fernsehen und das Kino entwickeln sich weiter, so wie sich der Fußball weiterentwickelt, die Kunst, die Popmusik. Und so, wie der Fußball nach Spielern sucht, die diese Entwicklung vorantreiben (Doppelsechser, Falscherneuner), suchen das Fernsehen und das Kino nach Geschichten, die sie erzählen können. Denn am Ende geht es nur darum: eine gute Geschichte zu erzählen. Das ist das Geheimnis. Man braucht Geschichten – und vielleicht gibt es zwischen New York und Los Angeles, zwischen Seattle und Alburquerque einfach mehr (und bessere) Geschichten, als zwischen Hamburg und München. Und vielleicht gibt es in den USA auch mehr Leute, die in der Lage sind, die auch zu erzählen (und zu inszenieren und zu spielen).

Der ARD und dem ZDF diesen Mangel vorzuwerfen oder die Programmchefs zu fragen, wo denn endlich „das deutsche Breaking Bad“ bleiben würde, macht so viel Sinn, wie zu fragen, warum die USA eigentlich noch nie Fußballweltmeister geworden sind.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false