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Meinung: Überall nur Verlierer Von Clemens Wergin

In Europa reiben sich nun manche hämisch die Hände, dass Tony Blair mit seinen EU-Reformen gescheitert ist. Aber hinter den zunehmend kindisch anmutenden Fragen, welcher Regierungschef nun wem eine ausgewischt hat, gerät die eigentlich schlechte Nachricht in Vergessenheit: Verloren in dem ganzen Spiel haben nämlich die EU, ihre Bürger und die Bauern in den Entwicklungsländern.

In Europa reiben sich nun manche hämisch die Hände, dass Tony Blair mit seinen EU-Reformen gescheitert ist. Aber hinter den zunehmend kindisch anmutenden Fragen, welcher Regierungschef nun wem eine ausgewischt hat, gerät die eigentlich schlechte Nachricht in Vergessenheit: Verloren in dem ganzen Spiel haben nämlich die EU, ihre Bürger und die Bauern in den Entwicklungsländern. Denn das, was Blair im Sommer anpacken wollte, ist im Kern richtig: Es ist absurd, dass Europa seine hohen Agrarsubventionen bis 2013 festschreibt. Genauso wenig wünschenswert ist, dass die neuen EU-Länder dieselbe Subventionsmentalität entwickeln, wie sie sich nicht nur bei den jahrelangen Subventionsempfängern Portugal, Spanien und Griechenland breit gemacht hat. Und angesichts der notorisch klammen Staatshaushalte, gerade auch im finanziell längst überdehnten größten Mitgliedsland Deutschland, ist eine stete Ausdehnung des EU-Budgets weder mach- noch vermittelbar.

Die Proteste gegen den nun von London vorgelegten, weit weniger ambitionierten Budgetvorschlag zeigen, wie schwer sich Europa tut, Rahmenbedingungen zeitnah an veränderte Realitäten anzupassen. Deutlich wurde auch, dass nichts vorangehen wird, wenn sich die Franzosen nicht bei den Agrarsubventionen bewegen. „Wir sind bereit für Reformen, wenn ihr zu Reformen bereit seit“, sagt Ungarns Premierminister Ferenc Gyurcsany in Richtung altes Europa. Dass allerdings die Osteuropäer Kürzungen hinnehmen müssen, weil die reichen Länder nicht von lieb gewonnenen Subventionen und die Briten nicht von ihrem Rabatt lassen wollen, ist weder fair noch sinnvoll. Genauso unfair ist es, dass künstlich verbilligte europäische Agrarprodukte den Bauern in Entwicklungsländern Marktchancen zunichte machen. In einer Woche wird in Hongkong die nächste Welthandelsrunde verhandelt. Wenn die EU nicht bereit ist, die Subventionen für den Agrarsektor, der nur etwa 4 Prozent von Europas Wirtschaftsleistung umfasst, drastisch abzusenken, werden der Industrie- und Dienstleistungsbereich darunter leiden, dass ihre Produkte außerhalb der EU keinen erleichterten Marktzugang erhalten. Unbeweglichkeit hat ihren Preis.

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