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Viktor Janukovich (L) mit EU-Kommissar Stefan Füle.

© dpa

Update

Ukraine: Europa gibt Ukraine fast verloren

Die Kiewer Regierung setzt die Gespräche über ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union aus. Und auch die EU tritt den Rückzug an - EU-Kommissar Füle sagt seine geplante Reise ab.

Zwei politische Entscheidungen in der Ukraine haben am Donnerstag den europäischen Annäherungskurs des Landes jäh gestoppt. Erst lehnte es das Parlament in Kiew ab, ein Gesetz zu verabschieden, das eine medizinische Behandlung der inhaftierten Exregierungschefin Julia Timoschenko im Ausland ermöglicht hätte und als Voraussetzung für die geplanten Abkommen mit der Europäischen Union galt. Am frühen Nachmittag beschloss die Regierung in Kiew, die Gespräche darüber ganz auszusetzen.

Die Erfolgsaussichten für den EU-Ostgipfel kommende Woche in der litauischen Hauptstadt Vilnius, bei dem eine Partnerschaftsvereinbarung und eine Freihandelsvertrag feierlich unterzeichnet hätten werden sollen, sind damit zunichte gemacht.

„Ich kann nicht leugnen, dass ich nicht mehr wirklich optimistisch bin“, hatte Linas Linkevicius, der Außenminister Litauens, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, kurz darauf in Brüssel verkündet. Die europäische Außenbeauftragte Catherine Ashton sprach dann am Abend bereits nur noch im Konjunktiv über das Abkommen, „dessen Hauptnutznießer die Menschen der Ukraine gewesen wären“.

Die Ukraine sei am Zug, heißt es aus Berlin

Unzweideutig räumte auch die EU-Vermittlungsmission, die vom früheren polnischen Staatschef Aleksander Kwasniewski und dem ehemaligen Europaparlamentspräsidenten Pat Cox aus Irland, das Scheitern ihrer Bemühungen ein. „Nach unserem 27. Besuch in der Ukraine drücken wir hiermit unsere tiefe Enttäuschung über die einseitige Entscheidung der Regierung aus“, hieß es in einer am Abend verbreiteten Mitteilung.

Ausdrücklich verweist diese auf den „in den vergangenen Wochen dramatisch erhöhten Druck aus Russland“. Diese Aussage bezieht sich unter andere auf ein Treffen von Kremlchef Wladimir Putin mit dem ukrainische Präsidenten Viktor Janukowitsch in der Vorwoche.

Auch in Berlin waren die Chancen für das Abkommen schon am Nachmittag als nicht mehr hoch eingeschätzt worden – zumindest hatte Bundesaußenminister Guido Westerwelle in einer Stellungnahme bereits Verständnis für ein Scheitern des Annäherungskurses angedeutet: „Der Ball ist im Feld der Ukraine. Es ist ihr souveränes Recht, über ihren Weg frei zu entscheiden.“

Am Mittag war – kurz nach der ausgebliebenen Zustimmung zum Timoschenko-Gesetz – die Lage noch unproblematischer bewertet worden. Ein Diplomat an der EU-Vertretung in Kiew hatte dieser Zeitung gesagt, das Nein stelle „noch kein endgültiges Nein“ dar. Vielmehr handele es sich um ein „Intermezzo“ vor dem Gipfel am Donnerstag und Freitag kommender Woche in Vilnius. Der für die Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Stefan Füle hatte gar noch angekündigt, sofort zu Gesprächen nach Kiew zu reisen. Er trat die Reise allerdings erst gar nicht an.

Was nun beim Ostgipfel in Vilnius passieren soll, ist unklar „Ich würde es nicht so dramatisch formulieren, dass damit die gesamte östliche Partnerschaftsstrategie vor dem Kollaps steht“, so Außenminister Linkevicius in Bezug auf die weiteren Länder Armenien, Aserbaidschan, Moldawien, Georgien und Weißrussland. „Aber natürlich ist die Ukraine als das größte Land in diesem Zusammenhang sehr wichtig."

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