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Umlagen für Sanierung: Himmel über Berlin

Die Umlage der Kosten für Gebäudedämmung trifft die Mieterstadt Berlin besonders hart. Was sich auf mittlere Sicht rechnet, kostet erst einmal.

Beliebt macht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dieser Ankündigung nicht. Dass sie es Hauseigentümern erleichtern will, die Kosten für den Einbau neuer Fenster, dicker Dämmplatten an Fassaden und neuer Dachpfannen an die Mieter weiterzugeben, ist ein starkes Stück. Die Kanzlerin erhörte die Klagen der Grundeigentümer, wonach sich die Sanierung des in die Jahre gekommenen deutschen Wohnungsbestandes einfach nicht rechnet. Knickt also Schwarz-Gelb – wie zuvor bei der Gesundheitsreform – erneut vor einer mächtigen Lobby ein: vor dem Druck der Wohnungsverbände?

So einfach ist es nicht. Im Wohnungsbestand liegt das größte Potenzial für Einsparungen – ob finanziell oder ökologisch. Wer sein Haus dämmt, zahlt weniger für das Heizen und schleudert deshalb auch weniger C02 in die Atmosphäre. Auf diese beiden Ziele ließen sich sicher (fast) alle Deutschen einschwören. Das Problem ist nur: Was sich auf mittlere Sicht rechnet, kostet erst einmal. Und diese Zeche will niemand bezahlen. Auch davon handelt dieser Streit.

Dabei ist Energie – gemessen an den Folgen des Verbrauchs für unser Klima – viel zu billig. Dürreperioden im Sommer und Hochwasser im Herbst, beklagen wir alle – in diesem Jahr mal wieder. Energie ist aber auch viel zu billig gemessen an den verbliebenen Öl- und Gasreserven. Daher muss man jetzt umsteuern. So gesehen, macht Merkel alles richtig, indem sie den Druck erhöht.

Das sehen sogar die Mietervertreter so. Aus wohl verstandenem eigenem Interesse: Sie haben errechnet, dass Berliner Mieter in 18 Jahren zwei Mal so viel für das Heizen bezahlen werden wie für die Miete, wenn nichts passiert. Deshalb hatte man die Einführung verbindlicher Fristen zur Senkung des Energieverbrauchs von Wohnungen gefordert. Das stand sogar mal im Gesetzentwurf der Regierung. Aber die Wohnungseigentümer haben es wieder wegverhandelt. So gesehen ist die Bundesregierung mal wieder eingeknickt.

Der Blick auf das große Ganze verstellt auch in einem anderen Punkt die Perspektive auf die Mieterstadt Berlin. Hier leben 87 Prozent aller Menschen nicht im eigenen Haus. Für das Wohnen geben sie im Durchschnitt knapp ein Drittel ihres Gehaltes aus. Mehr sollte es nicht sein, meinen Experten. Und dann gibt es da noch 330 000 Haushalte, die ihre Miete vom Amt bekommen. Die haben schon heute Mühe, überhaupt eine Wohnung zu finden. Und wer eine hat, könnte sie nach einer energetischen Sanierung verlieren, weil die Miete mit Umlage über die gesetzliche Grenze stiege. Dortmund gewährt in solchen Fällen einen „Klimabonus“. Den bräuchte Berlin dann auch.

Und was ist mit allen anderen – würde ihnen die drohende Umlage ein Loch in die Haushaltskasse reißen? In Berlin sind die Mieten in guten Lagen so hoch, dass Hauseigentümer nicht einmal die heute schon zulässigen Umlagen für energetische Sanierungen in voller Höhe fordern. Sie fürchten Auszüge und Leerstand. So gesehen, wird es der Markt schon richten.

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