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Meinung: Ungehaltene Worte

Von Moritz Döbler

Der Kanzler fällt derzeit vor allem durch das auf, was er nicht sagt. Vor vier Wochen hielt er eine Rede über die Nato nicht selbst und löste beträchtliche Aufregung aus. Diese Woche ließ er den entscheidenden Satz aus seiner Rede zur Eröffnung der Computermesse Cebit aus und hinterließ Ratlosigkeit. „Mit zusätzlichen Maßnahmen werden wir die Wachstumsdynamik verbessern“, hieß es im Manuskript. Auf dem Deckblatt stand die übliche Formel: „Es gilt das gesprochene Wort.“ Schröder unterschlug den Satz – wird es also keine neue Initiativen geben? Ob der Schluss stimmt, zeigt sich spätestens nächsten Donnerstag in der Regierungserklärung. Der aktuelle Befund ist: Irgendwelche Maßnahmen wird er ankündigen, aber einen Plan gibt es – noch – nicht. Die Ministerien sollen Vorschläge machen. So wie die Union ihr bekanntes ZehnPunkte-Programm zum Reformgipfel mitbringt, trägt die Regierung alles zusammen, was sie ohnehin machen wollte. Das ist nicht verwerflich, aber eben nicht sehr dynamisch.

Fast noch ärgerlicher als der Mangel an Inhalten ist das Chaotische des Ablaufs. Ein Satz, der nicht gesagt wurde, aber trotzdem gilt; eine Regierungserklärung über Vorhaben, die nicht mal in Ansätzen abgestimmt sind; ein Treffen mit der Union, bei dem mögliche Kompromisslinien über die Medien sondiert werden. Und das alles begleitet von bangen Blicken nach Düsseldorf, wo in zwei Monaten Landtagswahlen anstehen. Konjunktur wird stark von Stimmungen beeinflusst, und so droht dieses kommunikative Desaster die positiven Effekte möglicher Initiativen zunichte zu machen, so richtig sie vielleicht wären.

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