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Union: Den Strauß ausfechten

CSU-Chef Horst Seehofer fährt gern seine Ellenbogen aus - auch gegen Angela Merkel. Das sorgt, vor Klausurtagung und Parteitag, für einige Unruhe in der Union.

Die CSU rumpelt sich so durch, stößt mal hier an, mal dort, hat immer die Ellenbogen ausgefahren. Letztes Beispiel: die Europapolitik, Domäne der Union seit Helmut Kohls und Theo Waigels Zeiten. Kohl ist immerhin Ehrenbürger Europas, einer von bisher erst zweien, Waigel ist ein Vater des Euro. Erbe verpflichtet, denkt man. Denkste.

Horst Seehofer ist keiner, der eine Entschuldigung dafür über die Lippen brächte, dass die CSU sich auf die Seite der Linken schlägt und sich Europaskepsis aufs Panier schreibt. Nicht er, und nicht bei Angela Merkel, seiner Kollegin im Parteivorsitz, die in Europa gewissermaßen Kohls Nachfolge angetreten hat, was die öffentliche Beachtung angeht. Nun mag die beiden eher ein herzliches gegenseitiges Misstrauen verbinden. (Was, nebenbei gesagt, auf CSU-Seite nicht ganz unberechtigt ist, weil Merkel ihrerseits der CSUauch verdammt wehgetan hat; die Ablehnung der Huber’schen Steuerpläne hat die CSU seinerzeit so geschwächt, dass sie bei den Landtagswahlen jämmerlich abschnitt.) Doch eignet sich Europa als Thema schwerlich, einen neuen Strauß auszutragen.

Immerhin, Seehofer hat – nach all den Debatten und der Kritik in der vergangenen Woche – einen Kompromiss hinbekommen und zugleich den Eindruck erweckt, als habe er ein Machtwort gesprochen. Klassisch für ihn, kann man schon sagen, obwohl er noch nicht ein Jahr im Amt ist. Das Ganze sieht folgendermaßen aus: Für die Bundesregierung sind Stellungnahmen des Parlaments zu europäischen Entscheidungen künftig verbindlich – wenn das Parlament eine Stellungnahme beschließt. Das kann es, muss es aber nicht.

So wird dem Versprechen Genüge getan, dass Bundestag und Bundesrat künftig in Europa mehr mitreden sollen; aber auch den CSU-Europaparlamentariern, die argumentiert hatten, die bayerische Staatsregierung hole sich auch nicht für jede Bundesratsentscheidung erstmal die Erlaubnis des bayerischen Landtags. Ein Kompromiss frei nach dem Wahlspruch linker Ahnen: Bremsen, ohne überholt zu werden. Besser macht das die Sache nicht.

Denn es erschwert der Union insgesamt die Arbeit, übrigens auch im Bundestagswahlkampf, wenn es denn einen gäbe. Dass sie so mit dem Erbe Kohls und Waigels umgeht – daraus ließe sich von den Gegnern etwas machen. Die Renationalisierung in der Haltung zu Europa ist ja schon dem CSU-Abgeordneten Bernd Posselt aufgefallen, der sich gegen einen Rückfall in die Zeit des Bismarck-Reichs verwahrt hatte. Darum ausgerechnet hier eine solche Quasi-Koalition der CSU mit der Linken zu erleben, ist geradezu ein historischer Witz; und der EU einen nationalen Riegel vorschieben zu wollen, das könnte der Linken so gefallen.

Aber wer weiß, was von der Klausurtagung und dem kommenden CSU-Parteitag noch so alles kommt. Seehofer meint, wenn die Union keine Fehler macht, gewinnt sie die Bundestagswahl. Wem sagt er das.

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