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Meinung: Unser Pakt ist ihr Pakt EU-Neulinge fordern zu Recht geringere Staatsausgaben

Ganz schön anmaßend von den EU-Neulingen: Erst am Wochenende werden sie überhaupt in den Kreis der europäischen Mitgliedsländer aufgenommen; ob sie ihre eigenen öffentlichen Finanzen durchweg vorbildlich im Griff haben, ist bislang alles andere als gesichert. Und doch fühlen sie sich bereits jetzt dazu berufen, von den Deutschen ein Maßhalten bei den staatlichen Ausgaben und die Sicherung des europäischen Stabilitätspaktes zu fordern.

Von Antje Sirleschtov

Ganz schön anmaßend von den EU-Neulingen: Erst am Wochenende werden sie überhaupt in den Kreis der europäischen Mitgliedsländer aufgenommen; ob sie ihre eigenen öffentlichen Finanzen durchweg vorbildlich im Griff haben, ist bislang alles andere als gesichert. Und doch fühlen sie sich bereits jetzt dazu berufen, von den Deutschen ein Maßhalten bei den staatlichen Ausgaben und die Sicherung des europäischen Stabilitätspaktes zu fordern.

Ausgerechnet wir werden von den Osteuropäern gemahnt? Wir, deren Wirtschaftswachstum bekanntlich wesentlichen Einfluss auf die konjunkturelle Entwicklung aller Europäer hat? Ohne deren Geld insbesondere die, die jetzt keck die Stimme gegen uns erheben, kaum auf raschen Wohlstandszuwachs hoffen dürfen? Und überhaupt: Ohne uns würde es diesen Stabilitätspakt doch gar nicht geben.

Als die europäischen Regierungen diesen Vertrag in Maastricht unterschrieben haben, sind sie ein Versprechen eingegangen, das auf Vertrauen aufbaut. Dem Vertrauen darauf, dass sich alle Nationen der Stabilität des gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraumes verpflichtet fühlen und ihre eigenen nationalen wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidungen an diesen gemeinsamen europäischen Zielen ausrichten. Und zwar alle, unabhängig von ihrem wirtschaftlichen und politischen Gewicht. Für jede einzelne Nation verbirgt sich dahinter die Pflicht, die staatlichen Ausgaben ungeachtet innenpolitischer Begehrlichkeiten im Zaume zu halten. Weder für Deutschland kann es da eine Ausnahme geben, wenn es die höchste zulässige Grenze der Verschuldung wohl im kommenden Jahr zum vierten Mal hintereinander nicht einhalten wird, noch für die osteuropäischen Länder.

Der Stabilitätspakt eröffnet den EU-Mitgliedern allerdings auch das Recht, von ihren Nachbarn die Einhaltung der Regeln zu erwarten und im Zweifelsfall einen Vertrauensbeleg sogar einzufordern. Denn nur unter diesen Voraussetzungen hat der Maastrichter Vertrag überhaupt einen Sinn, ist er auf Dauer mehr als nur ein Stück Papier, auf dem die Drei-Prozent-Schuldenlinie verzeichnet ist. Die EU-Neulinge nehmen für sich selbst nicht mehr als dieses Recht in Anspruch. Dass sie es ausgerechnet jetzt, am Vorabend der Osterweiterung der Union tun, muss die Europäer zuversichtlich stimmen. Denn wer seine neuen Nachbarn zur Einhaltung eines Vertrauenspaktes auffordert, von dem kann man erwarten, dass er sich in Zukunft selbst an die Spielregeln zu halten gedenkt.

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