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Meinung: Unter Räubern

Minister Stolpe will mehr Geld für die Ost-Kommunen. Die sollten besser haushalten

Von Antje Sirleschtov

Um es gleich vorweg zu nehmen: Deutschlands Kommunen stecken in einer schlimmen Finanzkrise. Das wird in der Sache von niemandem bestritten und in den Folgen auch nicht verniedlicht. Ganz gleich, ob Städte und Gemeinden in den alten oder in den neuen Bundesländern betroffen sind. Während ihre Einnahmen von Jahr zu Jahr geringer werden, wachsen in der gleichen Zeit immer neue Aufgaben heran. Und das nicht nur im Sozialbereich.

Beinahe jedes Gesetz belastet die Kommunen mit Kosten. Niemanden wundert es also, wenn die Bürgermeister nicht müde werden, in der Öffentlichkeit zu beklagen, dass sie langsam nicht mehr wissen, wie sie all das, was von ihnen verlangt wird, bezahlen sollen. Viel Arbeit also für die Arbeitsgruppe Gemeindefinanzen, die sich vorgenommen hat, bis zum Sommer Vorschläge zur Veränderung der Einnahmen- und Ausgabensituation der Kommunen vorzulegen.

Einem wie Manfred Stolpe dauert das alles jedoch zu lange. Einen Zukunftsfonds für arme ostdeutsche – und auch einige westdeutsche – Kommunen will der neue Ost-Beauftragte von Kanzler Schröder demnächst auflegen. Milliardenbeträge verspricht er den Stadtoberen zum Bau von Straßen, neuen Fußgängerüberwegen, bunten Rathäusern und was sonst noch so fehlt zwischen Ostsee und Thüringer Wald. Und weil Stolpes Amtskollege im Finanzministerium gerade erst bestimmt hat, dass jeder, der zusätzliches Geld ausgeben will, auch gleich dazu sagen soll, wo es herkommt, plündert Stolpe mal eben den Gewinn der Deutschen Bundesbank. Oder den Goldschatz. Oder vielleicht auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Oder?

Eigentlich mag man ihnen schon gar nicht mehr zuhören, den Bankräubern. Kaum ein Monat vergeht, ohne dass sich irgendein Politiker, ganz gleich welcher Partei, verbal an den Devisenreserven der Bundesrepublik vergreifen will. Und so wenig sinnvoll, wie es ist, ein Guthaben zu plündern, das Zinsen abwirft, klingen meist auch ihre Vorschläge zur Verwendung des Geldes.

Beispiel Stolpe: Niemand dürfte besser wissen als der langjährige Ministerpräsident von Brandenburg, dass die Ursache für den Investitionsmangel in ostdeutschen Kommunen nicht allein in der gesamtdeutschen Finanzverfassung liegt. Den Gemeinden fehlt Bares auch, weil sie sich ihren Verwaltungsapparat im Vergleich zu den armen Nachbarn in den alten Bundesländern zu viel kosten lassen. Und damit sind nicht nur die Mitarbeiter im Rathaus gemeint. Auch die vielen kleinen Eigenbetriebe der Städte verschlingen Zuschüsse, die sich im Westen niemand mehr leisten will. Und nicht zuletzt zahlen die Stadtkämmerer Kredite ab, die sie in der Vergangenheit für teils sinnlose Investitionen aufgenommen haben, weil ihnen Landesregierungen – auch die von Manfred Stolpe – versprachen, dass bald flächendeckend internationale Großkonzerne vor den Türen stehen.

Wie sich die Bürgermeister frisches Geld beschaffen können, hat die Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ausgerechnet: 500 Millionen Euro könnten allein Brandenburgs Kommunen in ihren Etats pro Jahr einsparen, wenn sie effektiver haushalten würden, meinen die ortskundigen Wissenschaftler. Wenn das kein (Bundesbank-) Gewinn ist.

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