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Meinung: Untersuchungsausschüsse: Aufklärung ohne Starr-Allüren

Einigkeit ist selten. Und erfreulich.

Einigkeit ist selten. Und erfreulich. Da hat also der Bundestag einstimmig beschlossen, per Gesetz die Arbeit der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zu regeln. Nun soll die Formel "Sacharbeit statt Verfahrensstreit" gelten, wenn Deutschland seine Skandale aufarbeitet. Das Parlament war stolz auf sich und gab das Motto aus: Republik, nun freue dich! Bürger, schaut auf diese Handlungsfähigkeit!

Eines der wichtigsten Instrumente der Volksvertretung hat nun einen soliden Boden. Das ist schon was. Natürlich ist das PUAG getaufte Regelwerk kein Allheilmittel. Es bleibt dabei, dass in einem parlamentarischen Gremium Parteipolitiker sitzen, deren Einseitigkeit sich bestenfalls kanalisieren, aber kaum ausblenden lässt. Dennoch sind die Parteien über ihren Schatten gesprungen. Sie haben einmütig akzeptiert, was sie als Minderheit stets lauthals gefordert und als Mehrheit immer verdammt haben.

Ein Grund für die plötzliche Weitsicht ist die Erkenntnis, dass die bisherigen Untersuchungsausschüsse eher politisch bewertet als faktisch untersucht haben. Die Bedingungen sind künftig besser. Perfekt noch lange nicht. Die meisten Abgeordneten hatten fürchterliche Angst vor einem Ausschuss, der Zeugen weichkocht. Das könnte schließlich einen selbst mal treffen. Deshalb wurde auf das Instrument verzichtet, das viele andere Parlamente der Welt für bitter nötig halten: dem Auskunftsverweigerungsrecht ein Immunitätsangebot entgegenzusetzen.

Solch ein Lockmittel höhlt den Rechtsstaat nicht aus, es fördert aber effektiver als alle anderen Instrumente Wahrheiten ans Licht. Ohne Druck - dosierten, verantwortbaren und geregelten Druck - packen Zeugen nicht aus. Wo die Grenze zu ziehen wäre, haben sich die Autoren des Gesetzes in den USA ausführlich ansehen können. Dort wird getan, was unverantwortlich ist: Zeugen werden gebrochen, indem die Abgeordneten, die sie befragen, nach unterschlagenen Steuern oder anderen Folterwerkzeugen fahnden, die mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun haben.

Die Anschauung war wohl so abschreckend, dass aus Angst vor dem Übertriebenen das Sinnvolle unterlassen wurde. Einem störrischen Zeugen die Aussage gegen eigene Parteifreunde schmackhaft zu machen, indem man ihm zusichert, dass belastende Informationen keine strafrechtliche Konsequenz haben, ist ja noch lange kein ungebührlicher Druck.

Was hier misslang, glückte in einem anderen Punkt. Der deutsche Ermittlungsbeauftragte ist tatsächlich kein US-Sonderermittler geworden. Kenneth Starrs Allmacht hat Amerika vor einem Jahr ja dazu veranlasst, das Amt komplett abzuschaffen.

Einigkeit in Verfahrensfragen ist hergestellt. Für die künftige Arbeit gelten einmütig akzeptierte Spielregeln. Doch aus Furcht, eine Bestie zu schaffen, haben die Parlamentarier dem recht zahnlosen Tiger namens Untersuchungsausschuss nur stumpfe Zähnchen eingesetzt. Zu reißen wird damit nicht viel sein. Wenn es um die Aufklärung von Polit-Skandalen geht, ist Konsens vielleicht doch nicht das richtige Leitprinzip.

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