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Meinung: US-Militäraktion: Einer, der kühl bleibt

Wie viel Politik ist möglich, wenn eine Supermacht auf Vergeltung zielt? Zeitweilig wirkt es so, als sei Clausewitz der oberste US-Berater, als werde in einem Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln gesehen.

Wie viel Politik ist möglich, wenn eine Supermacht auf Vergeltung zielt? Zeitweilig wirkt es so, als sei Clausewitz der oberste US-Berater, als werde in einem Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln gesehen. Das gilt allerdings vor allem im Blick auf Präsident Bush. Von Colin Powell, dem amerikanischen Außenminister, sind hingegen Zwischentöne zu hören.

Die Reaktion seines Landes, sagt Powell als Obersatz, müsse so sein, "als ob es ein Krieg wäre". Aber Powells wording, wie die Außenpolitiker sagen, seine Wortwahl, ist cleverer. Nur wenn an seiner Festigkeit kein Zweifel besteht, eröffnet er sich neuen Spielraum. Und da merkt man ihm den ehemaligen Generalstabschef an: Beurteilung der Lage, Bestimmung des strategischen Ziels, Beschluss - nach dieser Marschroute muss einer vorgehen, der führen will. Um so kühler, je heißer es hergeht.

Dem entspricht Powells zweite Reaktion: "Wir müssen reagieren mit dem Bewusstsein, dass sich die Sache nicht mit einem Gegenschlag gegen ein Individuum lösen lässt. Es wird ein langfristiger Konflikt werden." Und diese: "Wir sind derzeit weit davon entfernt, militärische Ziele auszuwählen oder diese Ziele anzupeilen. Wir müssen erst die Hintergründe untersuchen." Das klingt, als überlege hier einer klug und und wähle ruhig. Auch seine Waffen.

Powell hat als Infanterist in Vietnam gekämpft, mit höchsten Orden ausgezeichnet. Er hat die Invasion Grenadas 1983 mitgeplant und 1986 sein Fachwissen eingebracht, bevor später der umstrittene Luftangriff auf Libyen geflogen wurde. Er soll die Waffenverkäufe an die "Contras" gekannt und kritisch gesehen haben. Von einer Invasion Panamas 1989 riet er anfangs ab. Erst nach klarer Zielbestimmung und entsprechender Vorarbeit stimmte Powell zu. Im Golfkrieg Anfang der neunziger Jahre war er derjenige, der immer wieder auf die Notwendigkeit nicht-militärischer, aber langfristig wirksamer Maßnahmen hinwies. Außerdem war er US-Sicherheitsberater in den Hoch-Zeiten der Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion. Powell hat alles Recht, seine immer schon abwägende militärische Doktrin in die Politik zu übersetzen: Es müssen klare politische Ziele definiert werden; die Öffentlichkeit darf in ihrem Urteil nicht gespalten werden; danach kann gehandelt werden. Besonnen, mit mehreren Optionen.

Bush hat sich in seine Regierung die Golfkriegs-Veteranen seines Vaters geholt. Zu denen gehört an vorderster Front Powell. Ein ehemaliger General; ein Schwarzer, der die Wirkung allen Handelns auf Minderheiten beurteilen kann; ein Politiker, der sich auf jede Form der Koalitionsbildung versteht. Genau der sucht Distanz zum Ereignis. Wie sagt Joschka Fischer? Er sei sich mit Powell einig: "Die Politik darf sich nicht verabschieden. Sie wird sich nicht verabschieden." Wenn der Präsident auf Powell hört.

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