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Vatertags-Rituale: Wahnsinn im Namen des Mann-Seins

In Rostock-Warnemünde wurde ein Mann beim Vatertagszoff totgeschlagen. Nun gibt es zwischen schlechten Manieren und Totschlag einen prinzipiellen Unterschied. Doch Malte Lehming hält abstoßende Männlichkeitsrituale für eine Sünde am eigenen Geschlecht.

Sie tun das im Namen ihres Mann-Seins. Absichtlich laut rülpsen, im Rudel Gesänge krakelen, die Herrentoiletten einsauen, sich breitbeinig hinfläzen, in der Öffentlichkeit Alkohol saufen. Besonders abstoßend sind solche Männlichkeitsrituale am Vatertag/Herrentag. Schon früh sind sie auf den Beinen, Bierkisten im Bollerwagen, sie trinken und trinken, hirn- wie sinnlos. Am frühen Nachmittag fangen die ersten an, sich zu übergeben, oft in aller Öffentlichkeit. Andere pöbeln, hetzen, prügeln. Ausländer werden beschimpft.

In Rostock-Warnemünde wurde jetzt ein Mann beim Vatertagszoff um den schönsten Wagen totgeschlagen. Nun gibt es zwischen schlechten Manieren und Totschlag einen gravierenden, prinzipiellen Unterschied. Sittenverstoß und Gesetzesverstoß sind zweierlei. Aber vom Sittenverstoß führt oft ein Weg zum Gesetzesverstoß, von demonstrativer Maskulinitätsbekundung zur Gewaltanwendung ist der Weg manchmal nur kurz.

Darum stellt sich eine Frage: Warum werden diese abstoßenden und potenziell brutalen Vatertags- und Herrentagsrituale vom Rest der Gesellschaft geduldet? Warum werden Kinder nicht vor dem Anblick dieser Horden geschützt? Warum wahrt niemand die Rechte von Schlafenden, die von brüllenden nächtlichen Banden wach gehalten werden? Muss eine derart bekloppte Tradition, nur weil sie inzwischen eine ist, wirklich toleriert werden?

Weil nun der ganze Wahnsinn im Namen des Mann-Seins verübt wird, müssen sich besonders Männer die Frage gefallen lassen. Die Analogie ist gewagt, aber vielleicht hilfreich: Wenn im Namen des Islam Verbrechen geschehen, wird von moderaten Muslimen zu recht gefordert, sich von den radikalen Elementen zu distanzieren. Ähnlich gilt auch für Männer: Wenn in ihrem Namen zivilisatorische Errungenschaften mit Füßen getreten werden, müssen sie protestieren. Die Vatertags-Rituale sind unmännlich. Wer an ihnen teilnimmt, beleidigt das eigene Geschlecht. Ja, er versündigt sich an ihm.

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