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Ex-Bundespräsident Christian Wulff

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Verfahren gegen Ex-Bundespräsident: Die Erzählung vom bösen Wulff

Ex-Bundespräsident Christian Wulff will nichts davon geahnt haben, dass sich sein ehemaliger Sprecher zu Urlauben einladen ließ. Wulffs Ex-Frau widerspricht. Trotzdem dürfte das Verfahren bald eingestellt werden.

Originell ist es schon, wie die Staatsanwaltschaft den Korruptionsprozess gegen Christian Wulff noch einmal zugunsten der Anklage wenden will. Mit dem Antrag, Olaf Glaeseker, den früheren Sprecher, Vertrauten und Imageberater des CDU-Politikers zu laden, hatte niemand gerechnet. Die Ermittler hatten ihn natürlich befragt, aber wer sich selbst zu belasten droht, hat laut Strafprozessordnung das Recht, die Aussage zu verweigern. Ein Grund, der mit dem Jahreswechsel entfallen ist. Selbst wenn Wulffs einst talentierter Journalistenbeschwörer etwas mit den Vorwürfen gegen diesen zu tun haben sollte – es wäre verjährt. Jetzt muss er reden, ob er will oder nicht.

Für die Ankläger komplettiert der Auftritt ihre Erzählung vom bösen Wulff. Sie betrachten die beiden in getrennten Verfahren Angeklagten als zwei aus demselben Sumpf Entstiegene: Niedersachsens Staatskanzlei, ein käuflicher Dienstleister für regierungsnahe Strippenzieher aus dem Glitzerbusiness, seien sie nun Partyveranstalter oder Filmproduzenten. Ganz fair war das nicht immer, weil die Vorwürfe gegen Glaeseker andere Umstände, andere Tatorte, andere Inhalte und ein anderes Kaliber haben als die gegen Wulff.

Ganz falsch war es aber auch nicht. Wulff feierte seinen Getreuen als „siamesischen Zwilling“, privat waren sie über Wulffs Exfrau verflochten. Wie viel der eine davon wusste, was der andere tat, ist so unklar, wie die Aussagen dazu widersprüchlich sind. So will Wulff nichts davon geahnt haben, dass Glaeseker sich dauernd zu Urlauben einladen ließ. Seine frühere Ehefrau, die mit von der Partie war, hält nun dagegen. Das kommt für Wulff ungelegen, umso mehr jetzt, wo das vom Verfahren gebeutelte Ex-Staatsoberhaupt in Erwartung seines Freispruchs als zum Ehrensold passender Ehrenmann wahrgenommen werden will.

Glaeseker sagt nun bei Wulff aus, Wulff später bei Glaeseker. Beide sind angeblich enttäuscht voneinander, und trotzdem können beide nicht das geringste Interesse daran haben, den jeweils anderen zu belasten. Es würde ihnen eher schaden als helfen. Nicht mal die Staatsanwälte dürften daher hoffen, dass ein Auftritt des neuen Zeugen dem angeklagten Wulff noch die Aussicht auf ein für ihn glückliches Ende verdirbt.

Folglich bleibt es wahrscheinlich, dass der erste Strafprozess gegen einen früheren Bundespräsidenten so endet wie von Richter Frank Rosenow vorgesehen. Der lässt sich zunehmend anmerken, wie gern er die Akte schließen würde. Nur bei dem Antrag, Glaeseker zu vernehmen, musste er einlenken. Ein Richter ist in der Pflicht, den Sachverhalt vollständig aufzuklären. Andernfalls droht die Revision. Doch ohnehin gehört Olaf Glaeseker noch in dieses Verfahren. Denn auch wenn man sie trennt: Siamesische Zwillinge bleiben nun mal verbunden.

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