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Meinung: Vernunft im anderen Lager Von Paul Kreiner

Mit 0,066 Punkten Vorsprung hat Romano Prodi die Parlamentswahl in Italien gewonnen. Im Senat verfügt sein allzu buntes Bündnis lediglich über zwei Sitze Mehrheit, und aus dem Lager Silvio Berlusconis kam ein Störfeuer nach dem anderen.

Mit 0,066 Punkten Vorsprung hat Romano Prodi die Parlamentswahl in Italien gewonnen. Im Senat verfügt sein allzu buntes Bündnis lediglich über zwei Sitze Mehrheit, und aus dem Lager Silvio Berlusconis kam ein Störfeuer nach dem anderen. Und trotzdem hat Prodi am Samstag seinen ersten politischen Sieg errungen: Die Präsidentschaft in beiden Häusern des italienischen Parlaments fällt an die zukünftige Regierung. Wie lange diese hält, lässt sich damit noch nicht sagen. Aber hätte sie jetzt verloren, hätte sie noch vor ihrem Amtsantritt einpacken können.

Genau besehen allerdings hat ganz und gar nicht Prodis Koalition obsiegt, sondern die politische Vernunft – und die verbarg sich kurioserweise im gegnerischen Lager. Um trotz kleiner Mehrheiten seine Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen, hätte das Mitte-Links-Bündnis mit Geschlossenheit auftrumpfen müssen. Stattdessen erreichte der eigene Kandidat im Abgeordnetenhaus, Fausto Bertinotti, nicht einmal die Stimmenzahl, über welche die Koalition verfügt. Der Rechnung nach waren es elf „Freunde“ Prodis, die dem schon bei der ersten, geheimen Abstimmung die Gefolgschaft verweigert haben; den Indizien nach waren es mehr.

Umgekehrt konnte Prodis Kandidat im Senat, Franco Marini, nur so klar gewinnen, weil einige Abgeordnete aus Berlusconis Opposition die Demagogie ihrer Führer satt hatten und der Regierung Prodi zumindest einen Anfang ermöglichen wollten. Das war nach den Turbulenzen der vergangenen Wochen die erste weise Entscheidung der nunmehrigen Opposition, die einzige, zaghafte Anerkennung des Wählerwillens. Frieden in Italien herrscht damit noch lange nicht.

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