zum Hauptinhalt

Meinung: Verpfiffen

Im Abarbeiten des Koalitionsvertrages legen Union und SPD in diesen Tagen eine bemerkenswerte Effizienz an den Tag. Beide Partner wissen, dass das Fenster des Handelns sich im Herbst wohl endgültig schließen wird, wenn drei anstehende Landtagswahlen das Klima wieder vergiften.

Im Abarbeiten des Koalitionsvertrages legen Union und SPD in diesen Tagen eine bemerkenswerte Effizienz an den Tag. Beide Partner wissen, dass das Fenster des Handelns sich im Herbst wohl endgültig schließen wird, wenn drei anstehende Landtagswahlen das Klima wieder vergiften. Doch was bei den Krippen positiv ist und beim Mindestlohn hoffen lässt – bei der Kronzeugenregelung lässt es einen erschaudern. Es ist schon bemerkenswert, dass Justizministerin Brigitte Zypries unter Druck der Union jetzt eine Regelung wieder einführen will, der nicht nur sie selbst lange Jahre höchst skeptisch gegenüberstand, sondern die auch von nahezu allen Fachleuten – ob Richtern, Staatsanwälten oder Verteidigern – als unsinnig abgelehnt wird. Mit Recht. Denn die Kronzeugenregelung ist die Wiederkehr der Blockwart-Justiz: Fast jedermann hat irgendwann einmal Schuld auf sich geladen, unbewusst oder bewusst, ob im Straßenverkehr oder bei der Steuererklärung. Geht es nach der großen Koalition, darf jetzt auch jedermann seinen nächsten verpfeifen – und zwar auch für Delikte, an denen der Denunziant gar nicht beteiligt war. Auch wenn es sich nur um schwere und mittelschwere Delikte handelt: Die Entscheidung über die Strafzumessung wird damit von der konkreten Tat gelöst. Ein Freibrief für Denunziantentum und erfundene Anschuldigungen, der im Kampf gegen den Terror vor allem eines ist: Sinnlos. SB

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false