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Meinung: Vertrauen schafft Mehrheiten Rot-Grün hat außenpolitischen Spielraum zurückgewonnen

Wie viele neue Falten würden sich wohl in die sorgenzerfurchten Gesichter von Gerhard Schröder und Joschka Fischer eingraben, wenn sie in der Zeit der außenpolitischen Bewährung auch noch um die Unterstützung der eigenen Abgeordneten bangen müssten? Gut erinnern sich beide an die Abstimmungen über die Einsätze in Mazedonien und Afghanistan, die ihre Koalition an den Abgrund führte.

Von Hans Monath

Wie viele neue Falten würden sich wohl in die sorgenzerfurchten Gesichter von Gerhard Schröder und Joschka Fischer eingraben, wenn sie in der Zeit der außenpolitischen Bewährung auch noch um die Unterstützung der eigenen Abgeordneten bangen müssten? Gut erinnern sich beide an die Abstimmungen über die Einsätze in Mazedonien und Afghanistan, die ihre Koalition an den Abgrund führte.

Aber diesmal stehen die Reihen fest geschlossen, und das ist erstaunlich. Denn der Spagat, den Krieg nicht zu rechtfertigen, aber auch das Verhältnis zu den Bündnispartnern nicht dauerhaft zu beschädigen, verlangt Verrenkungen und treibt Friedensfreunde an den Rand der Selbstverleugnung. So wischen etwa eifrige Verfechter der Parlamentsrechte, deren Warnschreie einem noch in den Ohren gellen, die Forderung nach einem Awacs-Mandat schnell vom Tisch. Doch nur einzelne Abgeordnete würden sich verweigern, wenn es denn zur Abstimmung käme.

Die neue Einigkeit verdankt sich dem Vertrauensvorschuss für Schröder und Fischer, die im Irak-Konflikt so viel Druck widerstanden haben, dass sie nun auch bei heiklen Gratwanderungen nicht als Umfaller verdächtigt werden. Das kann auch jetzt nützlich sein: Die Koalition hat vor regionaler Destabilisierung als Folge des Irak-Kriegs gewarnt. Und sie lehnt eine Arbeitsteilung ab, nach der die USA Militär einsetzen, Europa dann den Wiederaufbau übernimmt und so den Krieg doch legitimiert. Im Zweifel muss das Interesse an Stabilität stärker sein als der Wunsch, Recht zu behalten. Berlin wird deshalb versuchen, die UN ins Spiel zu bringen.

Denn Rot-Grün sieht sich immer noch vor der Aufgabe, weitere US-Abrüstungskriege zu verhindern. Auch das ist ein Grund, warum die Koalitionäre so geschlossen ihre Linie vertreten: Der politische Kampf um den Irak-Krieg ist nicht zu Ende, wenn die Waffen dort so schnell schweigen, wie sich das alle wünschen. Dann wird die Aufgabe auch heißen, Europa in der Welt stärker zu machen. Wenn es um bessere militärische Fähigkeiten der Gemeinschaft geht, die Fischer schon einfordert, wird sich zeigen, wie ernst es der rot-grünen Mehrheit mit ihrem neuen Anspruch in der Weltpolitik wirklich ist.

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