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Meinung: „Viele in der Basis sind verunsichert“

Der große, schwere Mann ist kaum zu übersehen. Trotzdem hat er etwas Unauffälliges.

Von Robert Birnbaum

Der große, schwere Mann ist kaum zu übersehen. Trotzdem hat er etwas Unauffälliges. Joachim Herrmann bewegt sich gemessen, drängt sich nicht auf. Aber wenn er findet, dass es jetzt an der Zeit ist, meldet sich der Chef der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag zu Wort. Das kann schon mal recht deutlich ausfallen. Vor einem knappen Jahr nannte Herrmann seinem Landesvater Edmund Stoiber die Bedingungen, unter denen die Fraktion bereit war, den Berlin-Flüchtling wieder aufzunehmen. Schluss mit der Besserwisserei und vollendeten Tatsachen, neuer Stil im Umgang, neues Personal. Stoiber akzeptierte. Und Herrmanns Autorität war wieder ein Stück gewachsen.

Der Franke steht spätestens seit damals auf der Liste der potenziellen Stoiber-Erben ganz oben. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die Liste kurz ist. Die älteren Jahrgänge kommen nicht mehr infrage, in seiner Altersklasse ist er derzeit ohne ernsthafte Konkurrenz. Die gute Ausgangsposition verdankt er aber auch der Tatsache, dass er in Stoibers Krisenwochen nicht den Fehler machte, schon mal vorsorglich den Finger zu heben, sondern als besonnener Sachwalter der Interessen der CSU und seiner Abgeordneten auftrat. Die CSU ist in eigener Sache eine sehr rationale Partei. Einen Machtkampf zur Unzeit mag sie nicht.

Der wäre auch nicht Herrmanns Stil. Er übt sich lieber weiter in der Kunst, für Stoiber berechenbar loyal zu sein und trotzdem eigene Akzente zu setzen. Das Amt an der Fraktionsspitze ist dafür ideal. Dass die Fraktion der Staatsregierung ein Stoppsignal setzt, ist nicht ungewöhnlich. Herrmann – bodenständig, ohne altmodisch zu sein – kann dieser Form der Bodenhaftung so genau wie allgemein verständlich Ausdruck verleihen. Er redet wenig und kurz. Aber damit ist dann auch alles gesagt.

Wichtig, wenn nicht entscheidend für Herrmanns Zukunft dürfte das Jahr 2008 werden. Dann will sich Stoiber zur Wiederwahl stellen. Die Zweidrittelmehrheit von 2004 wird er kaum wieder kriegen; die magischen 50 plus x muss er halten. Wie groß das X ist, wird darüber mit entscheiden, ob Stoiber bleibt oder gehen muss. Bis dahin hat Herrmann auch das einzige Manko überwunden, das ihm in Bayern anhängt: Er sei noch „zu jung“ für das Ministerpräsidentenamt. Ein bajuwarisch kurioses Argument bei einem 50-Jährigen, dessen Kumpel aus Junge-Union-Tagen Roland Koch und Peter Müller, Günther Oettinger und Christian Wulff heißen.

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