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Meinung: Vier Milliarden Dollar für fünf Millionen Leben

Wie der Millennium-Plan der UN für Afrika gerettet werden kann Von Hilary Benn

Wie oft müssen wir noch daran erinnert werden, dass jeder fünfte Bewohner der Erde mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen muss? Und zwei von fünf mit weniger als zwei Dollar? Die Verantwortung, die skandalöse Armut auf der Welt zu überwinden, ruht auf uns allen: Reichen wie Armen, entwickelten Ländern wie Entwicklungsländern. Die Lösung des Problems verlangt nach Partnerschaft, Führung, politischem Willen, Zeit, Geschick … und natürlich Geld.

Schätzungen zufolge werden in den nächsten zehn Jahren 50 Milliarden Dollar jährlich gebraucht, um die acht Millenniumentwicklungsziele der UN zu erreichen, die absolute Armut zu halbieren, Grundschulbildung für alle Kinder zu sichern und die Mütter und Kindersterblichkeit zu senken.

Wir brauchen das Extrageld, ansonsten werden wir diese Ziele verfehlen – nicht um ein paar Jahre, sondern um mehr als 100 Jahre. Während in Asien und Lateinamerika gewaltige Erfolge erreicht worden sind, ist das subsaharische Afrika in den letzten 20 Jahren noch ärmer geworden. Nur mit wesentlichen Investitionen zur Verbesserung der Gesundheits- und Bildungssysteme, zum Kampf gegen Aids und mit weiteren Schritten zur Entschuldung – gestützt durch Handelsreformen, Maßnahmen für gutes Regieren in den Entwicklungsländern und Engagement für die Lösung von Konflikten – können wir diese Entwicklung umkehren.

Die Internationale Finanzfazilität, die im Januar 2003 vom britischen Schatzkanzler Gordon Brown ins Leben gerufen wurde, ist der bisher einzige praktische Vorschlag, mit dem die für Entwicklungsländer bereitgestellten Ressourcen erhöht werden können. Die Internationale Finanzfazilität ist ein Vorschlag zu langfristigem finanziellen Engagement durch die Regierungen der größten Geberländer. Gedeckt durch die Sicherheit dieses zugesagten Geldflusses, würde die Finanzfazilität sich Geld borgen, indem sie Obligationen auf den internationalen Kapitalmärkten herausgibt und den Erlös dazu verwendet, den Entwicklungsländern höhere Investitionen in Bildungs- und Gesundheitswesen zu ermöglichen.

Im April haben 37 Entwicklungsländern diesen Gedanken offiziell unterstützt. Frankreich und Großbritannien haben sich zu langfristiger Finanzierung verpflichtet. Im Juli hat Papst Johannes Paul II. (nach Nelson Mandela und vielen anderen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft) dieser Initiative ebenfalls seine Unterstützung gegeben. Die Catholic Agency for Overseas Development, eine der führenden Nichtregierungsorganisationen Großbritanniens für Entwicklungshilfe, nannte diesen Vorschlag „die letzte, beste Hoffnung, die Mittel für die Millenniumentwicklungsziele aufzubringen“.

Im April hatte die Weltbank einen Bericht über die technische Machbarkeit abgegeben und das Vorhaben „den fortgeschrittensten Vorschlag für vorgezogene Finanzierungshilfe“ genannt. Wir arbeiten nun daran zu beweisen, dass er funktioniert. Die Global Alliance for Vaccines & Immunization (GAVI) ist an Großbritannien herangetreten, um herauszufinden, ob die Prinzipien der Internationalen Finanzfazilität auf sie selbst angewandt werden können, damit sie mehr Mittel für das Ziel der internationalen Gemeinschaft, die Kindersterblichkeit zu senken, zur Verfügung hat. GAVI arbeitet mit der französischen und der britischen Regierung zusammen. Wenn sich noch mehr Geberländer engagieren, hoffen wir, Anfang 2005 die Internationale Finanzfazilität für Immunisierung (IFFIm) ins Leben rufen zu können. Nach unseren Schätzungen können wir so mit vier Milliarden Dollar fünf Millionen Leben retten. Wir sehen also, dass das Prinzip der „vorgezogenen Finanzierung“ funktioniert.

Im Kampf gegen die Armut zählen jede Sekunde und jeder Cent. Im nächsten September wird die internationale Gemeinschaft derer, die sich für Entwicklungshilfe engagieren, wieder in New York zusammenkommen – fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der offiziellen Verkündung der Millenniumentwicklungsziele durch 189 UN-Mitgliedstaaten. Bleibt der jetzige Trend unverändert, müssen wir der Tatsache ins Auge blicken, dass wir unsere Ziele verfehlen. Wir können aber Enttäuschung in Hoffnung verwandeln, wenn wir beweisen, dass wir unsere Anstrengungen, diese Ziele zu erreichen, verdoppelt haben – indem wir die Mittel verdoppelt haben, die dafür zur Verfügung stehen.

Der Autor ist britischer Minister für Entwicklungshilfe.

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