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Vom Wert der Erststimme: Schäbige Argumente

So zu tun, als seien die mit der Erststimme im Wahlkreis errungenen Mandate minderwertig, ist unverschämt.

Sind eigentlich, eine halbe Woche vor der Wahl, einige der politischen Akteure von allen guten Geistern verlassen? Unter dem Titel „Auf den letzten Metern Streit über den Wert der Erststimme“ fasst die „FAZ“ eine von der SPD und den Grünen angefachte Debatte über die Überhangmandate zusammen. Diese entstehen, wenn, vereinfacht erklärt, eine Partei mehr Direktmandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustünden. Ein Urteil des Bundesverfassungsgericht fordert eine Änderung des Wahlrechts, durch die künftig auch diese Überhangmandate entfielen. Aber noch wird, zulässig übrigens, nach dem alten Recht gewählt, von dem diesmal wohl vor allem die CDU profitieren dürfte. Es nutzte aber auch schon der SPD. Franz Müntefering findet, die Wahlen seien nun nicht mehr so richtig gleich, Jürgen Trittin warnt vor einer „ergaunerten Mehrheit“. So zu tun, als seien diese mit der Erststimme im Wahlkreis errungenen Mandate minderwertig, ist unverschämt. Diese Parlamentarier wurden nach dem Mehrheitswahlrecht von den Stimmbürgern direkt und ganz bewusst gewählt. Wer dieses persönliche Element der Wahl gering achtet und nur die über die Zweitstimmen errungenen Landeslistenmandate für legitim hält, stellt das demokratische Wertesystem geradezu auf den Kopf. Es ist schäbig, eine sich abzeichnende Wahlniederlage auf diese Weise schönreden zu wollen.

Gerd Appenzeller

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