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Meinung: Von Bank zu Bank

Weder Berlin noch seine CDU haben sich von der Ära Diepgen/Landowsky erholt

Diepgen und Landowsky – plötzlich sind beide wieder auf der Bühne. Nur dass der eine, Diepgen, etwas haben will, nämlich ein Bundestagsmandat, und der andere, Landowsky, etwas loswerden will, nämlich das Stigma der Sumpfblüte – von heute an steht er wegen verdächtiger Millionenkredite an spendable Parteifreunde vor Gericht.

Gemeinsam stiegen Diepgen und Landowsky auf; die Berliner Union verdankt ihnen eine Regierungszeit Kohl’scher Länge. Gemeinsam stürzten sie ab; ihre Partei behandelte sie wie zwei peinliche Verwandte, als aus der Bankenaffäre ein Skandal wurde und die SPD ganz schnell, ganz schlau die Koalition platzen ließ. Diepgen verweigerte sie vor drei Jahren einen ehrenvollen Wechsel in den Bundestag, Landowsky sogar den öffentlichen Handschlag.

Heute spüren die empfindsameren Naturen der Berliner CDU, dass sie damals nicht alles richtig gemacht haben – und was ihnen heute fehlt. Es war ein Fehler, alle Schuld auf Diepgen und, vor allem, Landowsky abzuladen. So glauben noch heute viele in der Partei, dass die Enthüllung über unverbuchte Parteispenden und Millionenkredite, die sich, so ein Zufall, beide in Landowskys Büro guten Tag sagten, eine Systempanne war. Tatsächlich aber war das System die Panne. Das anzuerkennen, bedeutet auch, den eigenen Anteil anzuerkennen, und wenn es nur ein Augenzwinkern war. Davor aber drückt sich die CDU – und bleibt so einstweilen eine Partei von gestern. Das wiederum spüren die empfindsameren Naturen unter den Berliner Wählern.

Zwei weitere Folgen des hektischen Diepgen-Landowsky-Abschüttelversuchs belasten die CDU unmittelbar. Zum einen tut sie so, wider besseres Wissen, als könnte sie auf solche Typen verzichten. Tatsächlich aber werden sie in der Union schmerzlich vermisst. Wer spricht hier heute das Herz an, wie es Diepgen zuweilen gelang? Wer hält die Fäden der Strippenzieher zusammen, wie es Landowsky beherrschte?

Die CDU ist verknäult, und die SPD strickt weiter an ihrer Legende, zweite Folge der CDU-Krisenpolitik. Weil selbst die eigenen Leute von Diepgen und Landowsky nichts wissen wollten, konnten die Sozialdemokraten erst recht mit dem Finger auf die anderen zeigen. Dabei fühlte sich auch die SPD in diesem System so wohl wie der Sommerlochwels im Morast der Krummen Lanke. Die Tempodrom-Affäre hat’s gezeigt.

Diepgen versucht dieser Tage, seine Amtszeit von einem grandiosen Makel zu befreien. Schuld an den Schulden Berlins, die alles lähmen, ist seiner Meinung nach zu 95 Prozent der Bund, weil er seine Hilfe zu drastisch reduzierte. Das ist natürlich Unsinn. Es sind höchstens 94 Prozent. Aber die übrigen mindestens sechs Prozent sind immer noch happig. Sie gehen auch aufs Konto von Landowsky, dem wohl einzigen Arbeiterführer mit Einstecktuch und Bankenjob. Der ist durch die Berliner Betriebsversammlungen gezogen und hat allen ein Wohlergehen versprochen, nach dem Motto: Wenn’s Geld alle ist, bestellen wir neues. Hauptsache, wir vertragen uns. Diepgen hat’s genutzt – und genossen. So ähnlich funktionierte die Bankgesellschaft, die keine Erfindung ist von Landowsky allein; da haben auch Sozialdemokraten und Liberale die Gründer-Empfehlung von Brecht zu wörtlich genommen.

So kann’s gehen, so kann’s kommen: der eine auf dem Weg in den Bundestag, der andere auf der Anklagebank. – Eine Frage des Rechts, nicht der Gerechtigkeit.

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