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Nicht nur sie hat Erfolg in Europa - Marine Le Pen.

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Von Front National bis FPÖ: Die Euro-Krise nutzt dem Rechtspopulismus

In der Euro-Krise gewinnen Rechtspopulisten. Denn die Kritik an den Konstruktionsfehlern von Euro und EU bietet ein Vehikel, das dem Populismus Zugang zur gesellschaftlichen Mitte verschafft. Auch in der deutschen Politik hatte man lange nicht wahrhaben wollen, dass „Europa“ den Makel eines Elitenprojekts trägt.

Ein Kandidat der Front National hat bei einer kantonalen Nachwahl in Südfrankreich gewonnen – das wäre eigentlich keine Nachricht, für die man sich sonstwo in Europa interessiert. Aber nicht nur in Frankreich wird das 53-Prozent-Ergebnis aus der Kleinstadt Brignoles als Menetekel gewertet. Im Mai 2014 ist Europawahl, und man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass es dann einen großen Gewinner geben wird: den Rechtspopulismus. Dafür sprechen der Erfolg der FPÖ in Österreich, der Aufstieg der britischen Anti-EU-Partei Ukip und ein bisschen auch die Hoffnungen, die die knapp vor dem Bundestag gescheiterte „Alternative für Deutschland“ ausgerechnet mit diesem Urnengang verbindet.

So ist die Euro-Krise zum Reanimierungsprogramm geworden für Kräfte, die man sonst eher in der politischen Vergangenheit vermutet. Der moderne Rechtspopulismus ist flexibler geworden, er hat eine gewisse kulturelle Tumbheit überwunden und er bedient sich moderner Medien und Methoden. Dass die Front National unter der gemäßigter auftretenden Le- Pen-Tochter Marine mehr Erfolg hat als unter ihrem rustikal-reaktionären Vater Jean-Marie, ist so gesehen keine Überraschung.

Vor allem aber bietet die Kritik an den Konstruktionsfehlern von Euro und EU inzwischen ein Vehikel, das dem Populismus Zugang zur gesellschaftlichen Mitte verschafft. Auch in der deutschen Politik hatte man lange nicht wahrhaben wollen, dass „Europa“ den Makel eines Elitenprojekts trägt. Lange war das auch egal, weil alle irgendwie profitierten – sei es durch den Wegfall von Grenzkontrollen oder durch andere Erleichterungen, die Brüssel versprach.

Doch eine zwangsläufige Zugewinngemeinschaft ist die EU schon länger nicht mehr. Populisten haben ein besonders feines Gespür für so etwas, denn sie leben davon, dass sie die Welt in Freund und Feind einteilen können. Wer mit Unzufriedenheit Politik macht, der braucht klar erkennbare Gegner. Die diffuse Angst vor der Globalisierung in den 90er Jahren gab ein solches Feindbild nicht her. Mit der Banken- und Schuldenkrise hat sich das geändert – jetzt gibt es Gewinner und Verlierer, und so mancher Steuerzahler hat das Gefühl, dass er die Kosten trägt.

Doch was den Populismus vor allem gefährlich macht, ist seine Distanz zum Pragmatismus. Es mag ja sein, dass der Euro eine Fehlgeburt ist. Aber die EU ist nun mal aus Ad-hoc-Entscheidungen entstanden. Perfekt wird sie wohl nie sein. Wer politisch klug agiert, der arbeitet mit dieser Entstehungsgeschichte, nicht gegen sie. Am Ende drücken populistische Parteien berechtigte Zweifel aus – doch dass sich Europa wieder in die Zeit vor der Globalisierung zurückversetzen lässt, sollte niemand glauben.

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