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Die Bürger halten Mariano Rajoy für den schlechtesten Regierungschef seit Franco.

© Reuters

Update

Vor der Wahl in Spanien: Mariano Rajoy, der Mann mit der Spar-Axt

Am Sonntag droht dem konservativen Ministerpräsidenten Spaniens, Mariano Rajoy, die Abwahl. Zu seinem Erbe gehören zwei Protestparteien. Ein Porträt.

Er meidet die Öffentlichkeit, mag keine Debatten und gilt als langweiliger Redner – ein Technokrat, kein charismatischer Landesvater. In vier Jahren als Regierungschef hat es der konservative Mariano Rajoy nicht geschafft, die Sympathien der Bevölkerung zu gewinnen. Bei der Parlamentswahl am 20. Dezember droht dem 60-Jährigen die Abwahl.

Vermutlich ist das die Quittung dafür, dass Rajoy im Euro-Krisenland Spanien, dessen marode Bankenbranche 2012 mit 41 Milliarden Euro vom Rettungsschirm gestützt werden musste, vor allem mit der Spar-Axt regierte. Harte Kürzungen in der Bildungs-, Gesundheits- und Sozialpolitik brachten das Volk gegen Rajoy auf und sorgten für die Geburt von gleich zwei mächtigen Protestparteien, Podemos („Wir können“) und Ciudadanos („Bürger“).

„Sie sind nicht anständig“

In den beiden wichtigsten Kandidaten-Debatten, wo Spaniens vier bekannteste Spitzenpolitiker gegeneinander antreten sollten, kniff Rajoy. Nur dem traditionellen Zweier-TV-Duell zwischen den beiden spanischen Traditionsparteien konnte Rajoy nicht entfliehen. „Der Ministerpräsident muss eine anständige Person sein – und Sie sind nicht anständig“, attackierte Sozialistenchef Pedro Sánchez den erst entgeisterten und dann wütenden Rajoy. Der Angegriffene wehrte sich mit hochrotem Gesicht gegen die „niederträchtigen und schäbigen“ Vorwürfe und verwies darauf, dass er „nie vor ein Gericht geladen worden“ sei. Das stimmt, aber mehrere enge Parteifreunde Rajoys, für die er die Hand ins Feuer gelegt hatte, wurden angeklagt oder sitzen in Haft.

Diese Fernseh-Schlammschlacht dürfte Rajoys Chancen kaum verbessert haben. Rajoy dürfte nach einhelliger Einschätzung der Umfragen seine bisherige absolute Mehrheit verlieren – auch die nach Jahren der Krise wieder leicht positiven Wirtschaftsdaten scheinen ihn nicht zu retten. Spaniens Wirtschaft soll 2015 immerhin um mehr als drei Prozent wachsen. Die Arbeitslosenquote sank zwar, liegt aber immer noch bei horrenden 21 Prozent. Die Zahl der von Armut bedrohten Spanier stieg sogar auf 29 Prozent.

Den letzten Umfragen zufolge liegt Rajoy mit 25 bis bestenfalls 30 Prozent vorn, gefolgt vom sozialistischen Spitzenmann Sánchez mit 20 bis 22 Prozent. Knapp dahinter kommen Podemos und Ciudadanos mit knapp unter 20 Prozent. Demzufolge werden zum Regieren Pakte notwendig sein, die sich nach derzeitiger Lage links der Konservativen anbahnen könnten.

Spekulationen über eine große Koalition mit den Sozialisten, von Kreisen seiner eigenen Partei ins Gespräch gebracht, wies Rajoy kurz vor dem Urnengang zurück. „Darüber werde ich am Tag nach der Wahl sprechen“, sagte der Regierungschef am Freitag. „Ich habe eine große Koalition nicht vorgeschlagen, und das hat auch niemand in meiner Partei getan.“ (mit dpa)

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