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Meinung: Wähler in Stimmung

Schröders gute Werte durch die Flut können sinken wie die Pegel

Von Stephan-Andreas Casdorff

Wahlumfragen werden von Meinungsforschern gerne „Projektion“ genannt: Was würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre? Die Antwort darauf ist – eine Reflektion. Sie gibt wieder, was die Bürger zum zurückliegenden Zeitpunkt über Regierung und Opposition dachten. Aktuell ist also die Veröffentlichung, der Inhalt kann schon überholt sein.

Aktuell rücken SPD und Union aneinander, sehr nah sogar, in der Stimmung liegen die Sozialdemokraten schon besser. Sagt die gerade veröffentlichte Umfrage. Auch will eine Mehrheit, dass Gerhard Schröder Bundeskanzler bleibt, und zwar in dem Maße zunehmend, in dem sich die Zahl der Unentschlossenen verringert. Es sinkt außerdem der Prozentsatz derer, die meinen, die Bundestagswahl sei schon gelaufen; bald befinden wir uns hier unter zehn Prozent. Das alles begründet Zuversicht bei Schröder und Co. Gegenwärtig.

Nur kann es in den nächsten Wochen leicht wieder anders werden. Die Umfragen, eben abgeschlossen, sind entstanden in der hohen Zeit der Flutkatastrophe. Die Befragten bewerteten Politik unter dem Eindruck des Außergewöhnlichen. Zeit für die Regierung, konstruktiv zu sein. In solcher Lage kommt das alles gut an: ruhige Hand, klare Richtung, rasche Entscheidung. Krisenzeiten sind Kanzlerzeiten.

Mit dem Sinken der Pegelstände aber steigt die Bedeutung des Themas Arbeitslosigkeit. Sie steht wieder auf dem gewohnt hohen Niveau, wie die Meinungsforscher schreiben. Für 78 Prozent ist die Jobmisere in der Gesellschaft das wichtigste, das dringlichste Problem. Gleichzeitig verliert das Hochwasser an Bedeutung und dessen Bewältigung an Interesse – was wiederum Zuversicht bei Stoiber und Co. begründet. Nicht gerade gegenwärtig, aber doch für die nähere Zukunft. Die Flut hält als Thema keine Wochen mehr. Der Kandidat fürs Kanzleramt legt in diesem Sinne Kampagne und Reden an. Die Wirtschaft, die Konjunktur, der Arbeitsmarkt, das waren von Anfang an die drei Felder, auf denen Kompetenz deutlich werden sollte. Daran bemisst der Wähler sein Urteil. Und die Grundannahme, dass bis zur Wahl alles nicht besser wird, kann sich als richtig erweisen – wenn die Zahlen zutreffen, die jetzt gestreut werden. Dann könnte in den Tagen bis zur Wahl die Stimmung ganz leicht wieder kippen. Noch 23 Tage.

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