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Meinung: Warum Deutschland heute verliert

Von Andrzej Stach, Polen

Von Andrzej Stach, Polen Noch ist Polen nicht verloren“, schrieb mir ein deutscher Freund als SMS, die er der ersten Strophe der polnischen Nationalhymne entnahm. Da war die Mannschaft aus Ecuador gegen Polen gerade in Führung gegangen. „Es ist nicht schlecht“, verkündete mit schwarzem Humor in der Spielpause auch ein Mitarbeiter der polnischen Botschaft in Berlin und löste ein entspanntes Gelächter aus. Lachen ist erfolgversprechender als Bedrücktheit und Verkrampfung, die man nicht selten bei der deutschen Mannschaft sieht.

Nach der 2:0-Niederlage schrieb derselbe Freund: „Dafür hat Polen die schöneren Frauen.“ Das stimmt, schöne Frauen und Humor können noch jeden Gegner aus der Fassung bringen. Die anmutigen Polinnen im Stadion werden das schaffen, was sich die polnischen Hooligans nicht erträumen könnten: Wie die sagenumwobenen Sirenen werden sie die deutsche MANNschaft vom Spiel ablenken und auf die Riffe der polnischen Verteidigung führen.

Eine wichtige Rolle dürften aber auch die männlichen Fans aus Polen spielen. Zwar sind die von manchen Medien beinahe sehnsüchtig erwarteten polnischen Hooligans nicht nach Deutschland gekommen: Dafür dürften auch diesmal die wahren Fans die polnische Nationalelf zum Kampf gegen die deutsche anfeuern. Im Gegensatz zu den nationalistisch gesinnten deutschen und polnischen Glatzköpfen setzen sie vor allem auf Beifall, Gesang und Fröhlichkeit. Auf die wichtigsten blutigen deutsch- polnischen Schlachten und Kriege, die von deutschen und polnischen Rechtsnationalen in den aktuellen WM-Parolen in Erinnerung gebracht werden, reagieren sie augenzwinkernd und mit Humor – auch auf die provokante Anspielung deutscher Hooligans auf den Sieg der deutschen Wehrmacht über die polnische Armee von 1939, den diese in nur 29 Tagen errungen hat: Die deutsche Fußballmannschaft solle die polnische in nur 29 Minuten besiegen, steht auf entsprechenden T-Shirts. „Es wird euch diesmal nicht gelingen, denn die Rote Armee wird euch nicht wieder in der 17 Minute helfen“, antwortete ein polnischer Student auf seinem eigenen T-Shirt.*

Der Autor ist Publizist und Journalist in Berlin.

* Am 17. September 1939 waren die Sowjets in Polen einmarschiert und hatten den polnischen Einheiten den Dolchstoß versetzt.

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