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Meinung: Was des Präsidenten ist

RAUS VIERTE BERLINER REDE

Wie bleibt man sich treu, wenn man es anderen recht machen muss? Das ist fast unmöglich. Selbst sehr lebenskluge Menschen können an diesem Dilemma scheitern. Das ist der Bundespräsident bei seiner vierten „Berliner Rede“ natürlich nicht. Alles, was er sagte, war richtig, seine Ansichten über Deutschlands Verantwortung in der Welt diplomatisch abgewogen, politisch korrekt. Man ahnte, dass Kanzleramt und Außenministerium mit guten Ratschlägen nicht gespart hatten. Da war offenbar so viel, was gesagt werden musste, dass nur noch wenig Raum blieb für das, was der Präsident vielleicht noch hätte sagen wollen. Aber Johannes Rau ist am eindrücklichsten, wenn er unverstellt einfach Johannes Rau sein kann. Dann wird er im guten Sinne zum Überzeugungstäter, dann überbringt er eine Botschaft. Das war so, als er in seiner ersten Berliner Rede über die Zuwanderung sprach und eindringlich beide Seiten, Deutsche und hier lebende Ausländer, zur Integration aufforderte. Das war so, als er sich in der Debatte über die Gentechnologie gegen den Bundeskanzler stellte und beschwörend vor der Dominanz des Machbaren warnte. Das war schon nicht mehr ganz so, als er sich die Globalisierung zum Thema wählte. Diese dritte Berliner Rede empfand mancher seiner Zuhörer zu sehr als rotgrüne Wegbeschreibung an einer Stelle, an der das Staatsoberhaupt doch mehr Akzente hätte setzen können. Und nun die Außenpolitik. Was wird davon haften bleiben? Vielleicht dies: Die „Berliner Rede“ darf nicht zu einer präsidialen Variante der Regierungserklärung werden. apz

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