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Meinung: Was macht die Welt?: Milosevic in Den Haag: Die Richter richten, die Macht entscheidet

Slobodan Milosevic steht vor Gericht. Ist das auch gut so?

Slobodan Milosevic steht vor Gericht. Ist das auch gut so?

Im Falle Slobo bestimmt, denn keine Einzelperson trägt mehr Verantwortung für die vier Balkankriege (viereinhalb, wenn man Mazedonien einrechnet) seit 1991. Triumphiert aber auch das Recht über die Macht? Nicht wirklich. Es musste sehr viel Macht eingesetzt werden - militärische durch die Nato, wirtschaftliche durch die Europäische Union - bevor der Mann in Ketten ausgeliefert wurde. Aber treiben wir das Prinzip noch weiter: Wie wäre es, wenn die Herren Clinton und Schröder angeklagt würden, weil ihr Bündnis zivile Ziele in Belgrad angegriffen hat (was das internationale Kriegsrecht x-fach verbietet)? Oder Arafat, weil er so viele Terrortote auf dem Gewissen hat? Im ersten Fall empfänden wir es als absurd, weil niemand sich an Amerika oder Deutschland zu vergreifen wagte - im zweiten als unklug, weil noch mehr Terror die Antwort wäre. Die Richter richten, die Macht behält das letzte Wort.

An diesem Wochenende wechselt die EU-Präsidentschaft von Schweden zu Belgien. Sollte auch in der Sache ein neuer Akzent gesetzt werden, um den einen oder anderen Bürger doch noch von seiner EU zu überzeugen?

Ach, Europa. Wir empfinden die EU als außerordentlich praktisch, weil sie uns einen Riesenmarkt verschafft, dazu Bequemlichkeit (passfreies Reisen) und Vielfalt (Segafredo, Zarah, H & M in jeder Fußgängerzone). Wir möchten die EU nicht missen, aber sie erwärmt nicht unser Herz wie ein heißer macchiato. Die Belgier können nicht einmal ihre eigenen Volksstämme, Wallonen und Flamen, zusammenhalten, wie können sie da die ultimative Message für Europa herbeizaubern?

Die größte Partei der Welt, die chinesische KP wird 80. Wird sie ihren 100. Geburtstag noch erleben?

Die KPdSU hat nicht einmal den 80. erlebt. Das Dilemma ist bekannt: Wie kann ein Regime den Markt entfesseln, sprich: Eigentumsrechte und staatsfreie Räume schaffen, ohne sich ins eigene Fleisch zu schneiden? Doch hat die KPC diesen Balance-Akt seit einem Vierteljahrhundert ganz gut gemeistert - mit einem geschmeidigen Wechselspiel von Lockerung, Repression und außenpolitischen Krisen, die den Nationalismus daheim und damit den Zusammenhalt förderten. "Was macht die Welt?" wettet also auf den Hundertsten.

Ein Wort zur deutschen Außenpolitik ...

Die ist arm dran, auch buchstäblich. Die Nato hat bereits ihre Einsatzpläne für Mazedonien aufgestellt, aber Rot-Grün will (noch) nicht, das Volk ist mehrheitlich gegen den Eingriff und der Verteidigungsminister pleite. Schröder und Fischer freilich wissen, dass sie wollen müssen, sonst keine gemeinsame EU-Sicherheitspolitik, sonst kein Deutschland, das Gewicht mit Verantwortung paart. Kalkül im Kanzleramt: Im Bundestag wird der Fraktionszwang aufgehoben, Teile der FDP und Union bieten sich als Mehrheitsbeschaffer an, wenn es zum Schwur kommt. So würde das große Deutschland doch 500 Mann für das kleine Mazedonien aufbringen.

Slobodan Milosevic steht vor Gericht. Ist das auch

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