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Meinung: Was sie verdienen

Von Alfons Frese

Vorbildlich, wie selbstverständlich der Boss in seinem Hauptquartier in der Frankfurter City sein Gehalt offen legt. Jürgen Peters ist Chef der IG Metall. Und weil die Gewerkschaft stolz und groß und stark ist, bezahlt sie ihrem Vorsitzenden im Monat 17000 Euro. Das ist nicht schlecht, wie sich vor allem die vielen hunderttausend arbeitslosen IGMetall-Mitglieder denken mögen. Egal. Wer auf gleicher Augenhöhe den Unternehmensbossen begegnen soll, der muss auch anständig verdienen, haben sich die Metaller schon vor vielen Jahren gedacht und dabei kein großes Geheimnis um den Lohn ihres ersten Klassenkämpfers gemacht. Wozu auch? Warum soll nicht bekannt werden, wie viel jemand verdient? Haben die Vorstandsmitglieder der deutschen Börsenfirmen etwa Angst, dass sie nicht verdienen, was sie verdienen?

Das Gezeter und Gezerre um die Offenlegung der Vorstandsbezüge ist nicht zu verstehen. Jahrelang befasst sich eine Kommission damit. Nach und nach quälen sich ein paar Firmen zur Transparenz, damit das ganze Theater sich im Rahmen einer Selbstverpflichtung der Wirtschaft abspielt. Doch da zu wenige mitspielen, kommt endlich die Justizministerin mit einem Gesetz. Schön ist das nicht, aber die doch sonst so gar nicht öffentlichkeitsscheuen Diven an der Spitze der Unternehmen haben es provoziert. Und hoffen nun auf die Unterstützung ihrer Aktionäre: Wenn drei Viertel von ihnen zustimmen, dürfen die Vorstände auch künftig die Höhe ihres Gehalts für sich behalten.

Komisch ist das schon. Und verdammt ungeschickt. Denn dieses Land hat unter anderem ein Elitenproblem, weil der Argwohn der „da unten“ gegen die „da oben“ ziemlich groß ist. Auch deshalb, weil es an Glaubwürdigkeit mangelt, an Bescheidenheit und Ehrlichkeit. Weil das Gefühl sich breitmacht, „es geht ungerecht zu“ – im Betrieb, in der Politik, im ganzen Land. Es gibt mehr Reiche und es gibt mehr Arme, das ist ein Trend dieser Zeit. Es ist aber nicht überzeugend und für die sozialpolitischen Reformen nicht förderlich, wenn die Reichen die Armen zum Sparen, zur Eigenvorsorge und längerer Arbeit auffordern. Was das mit den Vorstandsgehältern zu tun hat? Wer etwas leistet und sein Gehalt verdient, der kann auch sagen, wie viel. Die Geheimniskrämerei fördert nur Misstrauen und Missgunst. Und das Auseinanderdriften der Gesellschaft.

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