zum Hauptinhalt

Meinung: Was tun gegen Terror?: Nur Glaubwürdigkeit hilft

Schon ein Monat ist seit dem 11. September vergangen, und die schrecklichen Bilder weigern sich, aus unserem Bewusstsein zu verschwinden.

Schon ein Monat ist seit dem 11. September vergangen, und die schrecklichen Bilder weigern sich, aus unserem Bewusstsein zu verschwinden. Es waren Bilder, die wir nur aus Science-Fiction-Filmen kannten. Mittlerweile wurde unser Entsetzen von Angst, Befürchtung und Unsicherheit abgelöst und dies nicht ganz unberechtigt. Denn spätestens jetzt weiß jeder, dass niemand gegen Terroranschläge immun ist.

Zum Thema Online Spezial: Kampf gegen Terror Hintergrund: US-Streitkräfte und Verbündete Schwerpunkt: US-Gegenschlag, Nato und Bündnisfall Schwerpunkt: Osama Bin Laden Schwerpunkt: Afghanistan Chronologie: Terroranschläge in den USA und die Folgen Fotostrecke: Bilder des US-Gegenschlags Umfrage: Befürchten Sie eine Eskalation der Gewalt? Die Israelis hatten schon vor 1967 unter dem palästinensischen Terror zu leiden und sind mit dieser Befindlichkeit bestens vertraut. Mit Furcht und Besorgnis allein kann man dem Terror allerdings nicht begegnen. Stattdessen muss man sich eine breit angelegte Strategie überlegen, die sowohl politische und militärische Elemente umfasst als auch finanzielle und nachrichtendienstliche. Klar ist auch, dass sich trotz aller Sicherheitsvorkehrungen weitere Bedrohungen, die von Massenvernichtungswaffen ausgehen, nicht ausschließen lassen. Und voraussichtlich wird dieser Konflikt länger dauern - auch der Konflikt des Kalten Krieges dauerte über 40 Jahre.

Die Anschläge vom 11. September wurden im Westen als Alarmsignal verstanden. Dennoch haben die Anschläge nicht auf Anhieb die Welt verändert. Man ist sich erst jetzt bewusst, dass man die seit dem Golfkrieg schwelende Konfliktsituation nicht rechtzeitig erkannt hat. Nach diesen Anschlägen wird sich die internationale Gemeinschaft auf weitere Terrorbedrohungen einstellen müssen. Von herkömmlichen Bedrohungsszenarien im konventionellen und nuklearen Bereich mit hoher Vorhersagbarkeit wird man sich verabschieden müssen. Stattdessen haben wir es mit den unterschiedlichsten Formen von Terrorismus zu tun und vor allem mit Selbstmordterrorismus, den Israel schon seit längerer Zeit bekämpft.

Die Vorhersagbarkeit ist auch deshalb nicht mehr gegeben, weil Staaten wie der Irak und der Iran sich fortwährend bemühen, unkonventionelles Waffenpotenzial zu entwickeln. Diese nur noch schwer einschätzbaren Gefahrenquellen erfordern von allen zivilisierten Staaten neue Konzepte. Die aus der Zeit des Kalten Krieges haben endgültig ausgedient.

Wichtig ist, dass jeglicher Form des Terrorismus die Legitimation entzogen wird. Versuche, den palästinensischen Terror gegen Israel und die Juden zu rechtfertigen und ihn vom Terroranschlag des 11. September abzugrenzen, müssen entschieden zurückgewiesen werden. Es gibt ja einen internationalen Konsens über die Definition von Terror, nämlich der, der im Mitchell-Bericht festgelegt ist: "Terror bedeutet Tötung und Verletzung von Menschen, die willkürlich ausgesucht wurden und die nicht aktiv an dem Konflikt teilnehmen, um politische Ziele zu erreichen. Terror will ein politisches Ziel fördern, indem er eine gewisse Bevölkerung in Angst und Furcht versetzt."

Die militärische, politische und finanzielle Unterstützung des Terrors durch Syrien und den Irak steht im Gegensatz zu deren Beteuerungen, die Anti-Terror-Koalition zu unterstützen. Bevor solche Staaten in die Koalition aufgenommen werden, müssen sie nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten ihren Sinneswandel unter Beweis stellen. Geschieht das nicht, läuft die Anti-Terror-Koalition Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu unterminieren und in Nahost falsche Signale auszusenden. Israel hat mit diesen verzerrten Signalen schon Erfahrungen gesammelt: Der einseitige Rückzug Israels aus dem Südlibanon ist in Europa als eine Stärke der israelischen Demokratie verstanden worden. Im Nahen Osten wurde er als ein Zeichen der Schwäche interpretiert.

Es werden immer wieder Stimmen laut, die eine Schlichtung des israelisch-palästinensischen Konflikts als eine Vorbedingung für die Besänftigung von bin Laden und seinen Kumpanen fordern. Arabische Staaten melden Vorbehalte gegenüber einer Teilnahme an der Anti-Terror-Koalition an und verlangen von Israel weitgehende Zugeständnisse zu Gunsten der Palästinenser.

Die Konzessionsbereitschaft von Ehud Barak im letzten Jahr war jedoch größer als jemals zuvor: Er bot den Rückzug aus nahezu allen Gebieten in der Westbank und Gaza an, die massive Räumung der jüdischen Siedlungen, die Teilung Jerusalems und die Mithilfe bei der Lösung des Flüchtlingsproblems. Es ist unfassbar, dass Arafat auf diese Zugeständnisse nicht eingegangen ist, sondern stattdessen auf Terrormittel gesetzt hat.

Die Ereignisse nach dem 11. September aber eröffnen neue Möglichkeiten. Die Bereitschaft Arafats, sich der Anti-Terror-Koalition anzuschließen, muss er erst einmal mit Taten untermauern. Er will offenbar nicht noch einmal den Fehler begehen wie im Golfkrieg, als er auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Diese Gelegenheit sollte auch von der USA und den EU-Staaten genutzt werden. Eine Beendigung des palästinensischen Terrors könnte das passende Klima schaffen, um den Mitchell-Bericht umfassend umzusetzen. Damit könnte eine neue Realität entstehen.

Der Autor ist israelischer Botschafter in Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false