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Meinung: Wat mutt, dat mutt

Von Stephan-Andreas Casdorff

Neu wählen oder neu wählen – was da zum Schluss in SchleswigHolstein noch zur Auswahl stand, war am Ende ein Trauerspiel. Weniger, weil der Südschleswigsche Wählerverband düpiert worden ist; was hat der sich nicht alles anhören müssen, vorher. Nein, so darf eine Ära nicht zu Ende gehen. Und eine Ära Simonis gab es ja nun wirklich: Heide S., die erste Ministerpräsidentin, länger als ein Jahrzehnt im Amt, beliebt im Volk, so beliebt, dass man ihr alle ihre Fehler vergab, ihrer Partei keinen. Und dann ist da der eine, dem das alles nicht gefällt, der sich entschlossen enthält. Vier Mal. Das hat es in der Parlamentsgeschichte noch nicht gegeben, auch nicht in dieser Konsequenz.

Sie hätten es wissen können, haben sogar damit rechnen müssen. Aber Simonis hat es nicht, der Fraktionschef der SPD, Lothar Hay, hat es auch nicht, und das grenzt an Naivität. Einstimmige Parteitagsvoten bei den Koalitionären sind noch keine politische Lebensversicherung; nicht, wenn es bei einer nachfolgenden geheimen Personal-Wahl derart knapp zugeht. Denn wann, wenn nicht dann können offene Rechnungen beglichen werden?

Die SPD hatte vielleicht die FDP auf der Rechnung, nach dem Motto: Was hat die davon, wenn Simonis scheitert? Eine große Koalition kann sie doch nicht wollen. Deren Fraktionschef, Wolfgang Kubicki, will das auch nicht – aber an der FDP darf nur Simonis scheitern, Peter Harry Carstensen nicht. Nicht, wenn es um die Rückgewinnung von Ansehen geht.

Ja, und damit Simonis scheiterte, hat die Landes-CDU bestimmt Abweichler bei den Sozialdemokraten gelockt. Aber das ist noch nicht ehrenrührig, das ist bloß das politische Geschäft. Die SPD-Abgeordneten hätten ja auch allem widerstehen können. Nur: So ist es nicht gekommen, und das zeigt, wie tief die Unzufriedenheit war, zum Schluss auch mit der herrischen Heide. Ein Drittel der SPD-Fraktion hätte sowieso von vornherein lieber eine große Koalition gehabt, der Wirtschaftsminister Bernd Rohwer ist wegen der Konstellation zurückgetreten. Und dann, nicht zu unterschätzen, Björn Engholm, der große Schatten im Hintergrund, der Bedächtige, der so oft öffentlichen Gebrauch der Vernunft angemahnt hat. Auch der fand Rot-Grün zu schwach. Das reicht zum Menetekel.

Heide Simonis hat wohl geglaubt, es gehe nicht ohne sie. Sie wird es geglaubt haben, weil ihre Gefolgsleute es ihr immer wieder gesagt haben. Die alle haben in ihrer Angst, ohne Simonis zu verlieren, sämtliche Warnsignale ausgeblendet. Verloren hat am Ende aber die eine: Simonis. Ihr Trauerspiel hätte sie schon nach dem dritten Wahlgang beenden müssen. Wat mutt, dat mutt.

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