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Meinung: Weil gestritten werden muss

Von Tissy Bruns

Was kann ein Gipfel? Wenig, lautet oft genug die Bilanz, wenn die Mächtigen der Welt oder Europas zusammengekommen sind. Der Integrationsgipfel im Kanzleramt kann schon aufgrund seiner Zusammensetzung wenig Anspruch auf realpolitische Wirksamkeit anmelden. Denn da versammeln sich nicht die Mächtigen, sondern Verbände, politische Repräsentanten, Kirchen. Produktiv kann das Treffen trotzdem sein, als Hinweis darauf, wie wichtig die Kanzlerin das Thema nimmt. Oder als Bindung der Union an ein Verständnis vom Zuwanderungsland Deutschland, das sie lange verweigert hat.

Der Gipfel kann also, mit anderen Worten, einen symbolischen Wert haben. Keine Politik ohne Symbolik – aber die hat eben ihre eigenen Fußangeln. Wenn die Geste nur gut gemeint, aber nicht gut gemacht ist, dann läuft dieser Gipfel Gefahr, sich als Ersatzhandlung zu erweisen: Die Politik macht wohlfeile Worte und Papiere, wo es längst um handfeste praktische Konsequenzen gehen müsste. Das andauernde Rumoren um die Einladungen weist in diese Richtung. Dass nicht alle muslimischen Verbände eingeladen werden können, ist dabei noch nachvollziehbar. Es wird bald eine Islamkonferenz geben; vor allem ist diese Verbändewelt zersplittert.

Fehlen wird aber, zum Beispiel, auch der Bezirksbürgermeister von Neukölln, wo die Rütli-Schule steht, die einer der wichtigeren Anlässe für die Gipfelidee war. Er ist nötig geworden, weil wir, aus verschiedenen Motiven, zu lange nicht wahrhaben wollten, wie sehr Zuwanderung das Land verändert. Diese Veränderung muss tatkräftig gestaltet werden, im Interesse der eingewanderten und der angestammten Bevölkerung. Das Thema verträgt jede Diskussion und jeden Streit – aber Wegsehen und Schönfärberei können wir uns nicht mehr leisten. Wer zum Integrationsgipfel einlädt, muss bereit sein, den Problemen ins Auge zu sehen, die sich in Neukölln oder Hamburg-Wilhelmsburg aufgestaut haben. Oder glauben wir weiter, dass Bildungsferne, rückständige Erziehung, die neue Unfreiheit der Mädchen sich dort einhegen lassen und die guten Bürger nie erreichen?

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