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Weltkonjunktur: Immer, wenn sie Pillen nahmen

Die Wirtschaft in den USA lahmt, die Ökonomen scheinen ratlos. Die zweite Senkung des Leitzinses innerhalb von wenigen Tagen zeigt, wie verzweifelt die Notenbanker sind. Nur hierzulande ist alles in bester Ordnung. Oder?

Fast schon bedrohlich wirkt die erneute Senkung der Leitzinsen in den USA um einen halben Prozentpunkt. Dabei sollte sie das Gegenteil bewirken. Doch der zweite Eingriff der US-Notenbank in die Geldpolitik binnen acht Tagen macht den Ernst der Lage in der größten Volkswirtschaft der Welt erst richtig deutlich: Das Land schlittert in die Rezession – oder steckt schon mittendrin. Und die obersten Währungshüter versuchen nun zu retten, was noch zu retten ist, indem sie billiges Geld in Umlauf bringen.

Wie gut, dass die Welt in Deutschland noch in Ordnung zu sein scheint. Die neueste Beruhigungspille dürften die jüngsten Daten vom deutschen Arbeitsmarkt sein. Der Januar war so gut wie seit 15 Jahren nicht. Die Finanzkrise, der schwache Dollar und der hohe Ölpreis konnten dem Arbeitsmarkt offenbar nichts anhaben. „Bravo“ sagen da die Politiker, und klopfen sich selber auf die Schultern. Die Lage sei stabil, Amerika weit weg. Auch in den nächsten Monaten zeige der Trend für die Konjunktur nach oben und für die Arbeitslosenzahlen nach unten, wird orakelt.

Doch haben Beruhigungspillen immer einen Nachteil – ihre Wirkung lässt irgendwann nach. Und so dürfte auch Deutschland bald die Realität einholen. Denn die amerikanische und die hiesige Wirtschaft hängen viel stärker miteinander zusammen, als einem momentan lieb sein kann. Wenn sich die Amerikaner bald keine teuren deutschen Autos mehr leisten können, wenn US-Fabriken keine großen deutschen Maschinen bestellen, trifft das auch die deutsche Wirtschaft. Den deutschen Unternehmen brechen erst die Aufträge weg, danach streichen sie die Arbeitsplätze. Die Arbeitslosenzahlen laufen der Konjunktur hinterher – sie sind kein guter Indikator für die aktuelle Lage oder gar bevorstehende Gefahren.

Was ist nun zu tun? Ehrlichkeit wäre der erste Schritt zur Besserung. Denn nur wenn man den Tatsachen ins Auge sieht, kann man rechtzeitig handeln. Indem man Arbeit vorsorglich billiger macht, durch niedrigere Lohnnebenkosten zum Beispiel. Es ist Zeit zu handeln, nicht Zeit zu jubeln.

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