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Meinung: Weltmeister im Zurücklegen Die Bürger sparen – soll der Staat deshalb mehr ausgeben?

Die bunte Welt eines globalen Unternehmens veranschaulicht in diesen Tagen VW. In China baut der Konzern ein neues Werk und in Deutschland sollen bis 2011 die Arbeitskosten um 30 Prozent gedrückt werden.

Die bunte Welt eines globalen Unternehmens veranschaulicht in diesen Tagen VW. In China baut der Konzern ein neues Werk und in Deutschland sollen bis 2011 die Arbeitskosten um 30 Prozent gedrückt werden. Derweil laufen die Geschäfte schlecht. Werden in ein paar Jahren mehr Volkswagen in China gebaut als in Deutschland? Kann schon sein, wenn die Stagnation hierzulande Dauerzustand wird. Über die deutschen Zustände stöhnt VW-Chef Bernd Pischetsrieder, indem er auf die Sparquote hinweist: Die Deutschen legen doppelt so viel Geld zurück wie die Japaner und sogar viermal so viel wie die Amerikaner. Aber wenn hier kaum noch einer Autos kauft, dann geht es VW schlecht. Während der Export läuft, ist die Binnennachfrage schlapp, die Verbraucher scheinen wie gelähmt von der „Geiz-ist-geil“-Masche. Die Wirtschaft steckt inzwischen im vierten Schwächejahr. Wer zieht sie da raus?

Joschka Fischer? Jedenfalls hat der eine andere Finanzpolitik angekündigt. Sparen sei unter den gegenwärtigen Umständen kontraproduktiv, stattdessen müsse „für einen begrenzten Zeitraum die konjunkturelle Erholung Priorität haben“. Was wird Hans Eichel wohl dazu sagen? Wie will der den nächsten und den übernächsten Verstoß gegen den EU-Stabilitätspakt erklären? Und überhaupt: Wie soll denn Fischers Prioritätensetzung aussehen?

Es gibt genügend kaputte Straßen und Schulen in Deutschland, sodass die Bauwirtschaft sich über ein öffentliches Investitionsprogramm freuen würde. Aber hebt das die Stimmung? Durchbricht das die Investitionszurückhaltung der Unternehmen und die Kaufscheu der privaten Konsumenten? Nein. Die Ursachen dafür sind mit einem kleinen fiskalpolitischem Feuerwerk nicht abzustellen. Die Ursachen liegen in der Politik. Vor allem in der Sozial- und Steuerpolitik. Gewiss ist eine Politik aus einem Guss kaum möglich in einem politisch verflochtenen und von Verbändeinteressen durchzogenen 80-Millionen-Gemeinwesen. Und die Modernisierung dieses schwerfälligen Kolosses braucht einen langen Atem. Aber das Ziel muss klar sein und die Meilensteine dahin und die gerechte Lastenverteilung unterwegs. Wenn nicht, dann sind die Leute sauer oder sogar ängstlich und orientierungslos. Fischer hat Recht: Man muss die Menschen mitnehmen. Aber wenn man sie einmal verloren hat, dann lassen die sich kaum mit Konjunkturprogrammen wieder einkaufen.

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