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Meinung: Weltort in der Mitten

Von Bernhard Schulz

KlausDieter Lehmann gilt als umsichtiger Kulturmanager. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist im Umgang mit Haushältern und Finanzbeamten geübt. Doch bei der Vorstellung der neuen Pläne zum Humboldt-Forum geriet selbst Lehmann in Euphorie. Neben der Sanierung der Museumsinsel und der Staatsbibliothek Unter den Linden nunmehr das dritte Riesenvorhaben zu schultern, dazu bedarf es schon gehöriger Zuversicht.

Doch die Zeichen stehen gut. Von einem „Fenster der Gelegenheit“ war gestern, bei der Vorstellung der Machbarkeitsstudie zum Schlossneubau im Herzen Berlins, beständig die Rede. Die Zinsen sind niedrig, die Baukosten konstant – wann, wenn nicht jetzt, sollte der Bund das Wagnis eingehen? Immerhin war es eine breite, Rot-Grün wie Schwarz-Gelb übergreifende Mehrheit der Abgeordneten, die sich für den Schlossbau ausgesprochen hat. Daran werden geänderte Stärkeverhältnisse nach der Wahl gewiss nichts ändern.

Doch das Schloss stand gestern nicht im Vordergrund. Das Humboldt-Forum, dieser – so Lehmann – „Weltort in der Mitte Berlins“, beflügelt die Fantasie. Bereits jetzt kommt die Hälfte aller Museumsinsel-Besucher aus der Ferne. Die Weltkulturen, die sich in zwar noch Jahre entfernter, aber immerhin absehbarer Zukunft als gleichrangig mit dem auf der benachbarten Museumsinsel bewahrten abendländischen Erbe präsentieren sollen, dürften die Zahl der Interessenten weiter erhöhen. Wer aus Paris oder London weiß, wie sehr diese Hauptstädte einstiger Kolonialreiche heutzutage als kulturelle Brennpunkte gesucht und genutzt werden, kann sich eine sinnvollere Aufgabe für die Ur-Mitte Berlins kaum vorstellen.

Die Globalisierung, die wir in Deutschland vor allem als Bedrohung wahrnehmen, birgt enorme Chancen. Den in ungekannte Dimensionen vorstoßenden Austausch von Wissen und Ideen, von Kulturen und also von Menschen beginnen wir erst zu erahnen. Mit dem Humboldt-Forum kann Berlin seine Rolle eben als ein solcher „Weltort“ erheblich stärken. Das Potenzial ist da, es ist längst in der Stadt. Nur richtig sichtbar müssen die Berliner Schätze noch gemacht werden. Die Gelegenheit ist da.

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