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Weltwirtschaftsforum: Globalisierung als Ideologie

Wenn es einen Ort gibt, der für die Idee, die Ideologie der Globalisierung steht, dann ist es das Weltwirtschaftsforum in Davos, diese private Tagung am Fuße des Zauberbergs.

Globalisierung bedeutet ja mehr als nur die internationale Verflechtung der Wirtschaft – die ist nicht neu, selbst die Hinwendung zu den Schwellenländern ist es nicht, wenn man an die Kolonialisierung und die Besiedlung Amerikas denkt. China war vor rund 200 Jahren schon einmal das, was es bald wieder sein will: die größte Volkswirtschaft der Welt. Dann verpasste es den Sprung ins industrielle Zeitalter.

Dass es in Davos um eine Ideologie geht, zeigt schon das Motto, das sich das Weltwirtschaftsforum vor Jahren gegeben hat: „Committed to improving the state of the world“ – die Vision der „entschiedenen Weltverbesserer“ war, dass alle davon profitieren, im Wortsinne, wenn Unternehmen und Regierungen global denken und handeln. So fanden sich immer wieder unerwartete Allianzen, etwa bei der Hilfe für Afrika: für Bono eine Herzensangelegenheit, für Bankiers das neue Geschäftsfeld Mikrokredite.

Aber bei der 41. Runde des Treffens, das am heutigen Sonntag zu Ende geht, deutet sich ein Bruch an. Für den US-Autor Thomas Friedman ist mit der weltweiten Computervernetzung ein neuer Höhepunkt erreicht: Globalisierung 3.0. Und Klaus Schwab, Vordenker und Gründer des Forums, geht trotz aller immer noch bestehender Ungleichgewichte in der Welt einen Schritt weiter: „Wir leben jetzt in einer Ära der Post-Globalisierung. Die Globalisierung ist Realität geworden“, sagt er.

Viel globaler wird es nicht, kann es nicht werden. Doch bedeutet diese Realität, dass die Wirtschaft global agiert, während die Politik sich in nationale Denkweisen verstrickt. Angela Merkel und Nicolas Sarkozy haben zwar recht, wenn sie die Reaktion der G 20 auf die Finanzkrise als eine neue Form globalen politischen Handelns rühmen. Aber beide stellen auch fest, dass die Gemeinsamkeiten sich verringern, seit die unmittelbare Finanzkrise überwunden ist.

Am deutlichsten wurde dies, als der ranghöchste Vertreter Chinas auf der Bühne der Davoser Kongresshalle Platz nahm. Handelsminister Chen Deming verlas ein Manuskript über den Aufstieg seines Landes, ließ aber keinerlei Zugeständnisse bei der wiederbelebten Doha-Runde zum Abbau von globalen Handelsschranken erkennen. China geht es um China und um sonst nichts.

China kann es sich leisten. Angesichts seiner Superlative kommen anderswo Minderwertigkeitsgefühle auf. „Das dysfunktionale politische System im Westen bringt kaum etwas hervor außer suboptimale Lösungen“, warnte die US-Bloggerin Arianna Huffington in Davos. Und der Londoner Werbetycoon Martin Sorrell konstatierte kühl: „Staatlich gelenkter Kapitalismus funktioniert.“ So hinterlässt die vollendete Globalisierung eine Horrorvision. Denn heimatlose Konzerne und handlungsunfähige Demokratien werden die Welt nicht retten.

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