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Meinung: Wen die Straße ruft

Zur Berichterstattung über Stuttgart 21 Alles hat seine Zeit, auch im öffentlich-politischen Leben. Und es scheint, das Zeitfenster für Stuttgart 21 ist zugeschlagen.

Zur Berichterstattung über Stuttgart 21

Alles hat seine Zeit, auch im öffentlich-politischen Leben. Und es scheint, das Zeitfenster für Stuttgart 21 ist zugeschlagen. Schade, insbesondere für die Stuttgarter selbst und für alle, die mit der Bahn nach Stuttgart und darüber hinaus fahren. Manchmal denke ich, was wohl wäre, wenn die Bahn den Stuttgarter Hauptbahnhof mit den riesigen Gleisanlagen, aufgeschütteten Bahndämmen, Brücken und Unterführungen mitten in die Stadt hinein heute bauen wollte. Unmöglich! Der Protest wäre riesig. Nur die Gesichter der Demonstranten kämen mir bekannt vor: Es wären dieselben, die jetzt gegen Stuttgart 21 protestieren.

Fehler wurden gemacht. Bahn und Politik haben versäumt, neben den formalrechtlichen Abläufen die Menschen „mitzunehmen“, sie zu überzeugen. Ob das noch einmal möglich sein wird? Gut wäre es: für Stuttgart, die Bahn, das Land, für uns.

Axel Hillmann, Bodenheim

Ich frage mich, wie lange haben die Stuttgarter denn gepennt? Ein solches Bauprojekt hat doch ein sehr langes Vorverfahren. Warum erst jetzt diese Demonstrationen?

Nun erstirbt die Öffentlichkeit in Mitleid mit den Demonstranten. Der Polizeieinsatz anläßlich der Schülerdemonstration wird generell kritisiert. Aber gerade bei Jugendlichen sind alters- und mentalitätsbedingt Agressionen und Provokationen zu erwarten. Ich habe als Leiter Einsatz des Polizeiabschnitts 34 mehrere Baumfällaktionen im Tiergarten und auch eine am Platz der Republik wegen der Straßenbauplanung geleitet. Meist ging es relativ ruhig und ohne vorherige öffentliche Erregung vonstatten, weil die Tage der Fällungen sowohl vom Bezirksamt als auch von der Polizei nicht veröffentlicht wurden. Die Einsätze fanden meist in den frühen Morgenstunden statt, bevor Berufsdemonstranten überhaupt ans Aufstehen dachten. Dennoch waren Baumschützer unterwegs, kletterten auf zu fällende Bäume, bzw. fesselten sich an sie. Die dabei erfolgenden Verbalattacken gegen Arbeiter und Polizei hatten oftmals beleidigenden Inhalt und waren sicher zur Provokation der eingesetzten Kräfte gedacht und geeignet. Ein solches Verhalten gepaart mit Angriffen, die bei uns wegen geringer Teilnehmerzahl unterblieben, vermute ich als Auslöser für den Stuttgarter Polizeieinsatz.

Winfried Berndt, Berlin-Wannsee

Tausende gehen in Stuttgart Tag für Tag auf die Straße, um für den Erhalt des alten Hauptbahnhofs zu protestieren. Aber – seien wir mal ehrlich – die meisten Bürger, die gegen Stuttgart 21 sind, entsprechen nicht dem Klischee eines Demonstranten. Der Unmut dieser Menschen richtet sich gegen die Politiker, die nur kurz vor den Wahlen aus ihren Schlupflöchern auftauchen, aber nach dem Urnengang nur die Sicherung des eigenen Lebensstandards im Auge haben – die Belange der Leute sind ihnen dabei egal. Zum Glück steht in Baden-Württenberg die nächste Landtagswahl vor der Tür.

Alf Rolla, Köln

Die Bilder aus Stuttgart, aber auch zuletzt in Berlin bei der Demo gegen Akw, und die Reaktion der Politik darauf machen mir doch Angst – um die Zukunft meiner Kinder! Es könnten meine Kinder sein, die da die Stärke des Staates zu spüren bekommen, nur weil sie mit Entscheidungen, die losgelöst von der Bevölkerung getroffen werden, nicht einverstanden sind. Und meine Kinder sind auch diejenigen, die weiter rätseln müssen, wo der Atomschrott entsorgt werden soll … und die Politik ist offenbar nicht fähig zu begreifen, dass sie von den Menschen für die Menschen gewählt wurden.

Als Politikmotto ist „Ich bin gewählt, was interessiert mich die Meinung der Wähler (bis zur nächsten Wahl)“ eher ungeeignet.

Jörn Möhring, Berlin-Lichterfelde

Dass die für das Projekt verantwortlichen Politiker sich hinstellen und behaupten, man könne Stuttgart 21 nicht mehr stoppen, kann angesichts der massiven Widerstände gegen das Projekt nicht angehen. Ich meine bei Großprojekten von solcher Tragweite für die Zukunft muss es grundsätzlich möglich sein, sie auch im weit fortgeschrittenen Planungsstadium oder wie in diesem Fall auch nach Beginn der den Bau vorbereitendenden Abrissarbeiten (das Wort Baubeginn erscheint mir hier fehl am Platze) sie noch einmal vollständig auf den Prüfstand zu stellen, wenn der Widerstand so erkennbar groß ist.

Wolfgang Bertram, Berlin-Schöneberg

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