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Meinung: Wenn die Stadt auf Sand baut

Gut für Berlin: Das Tempodrom wird in die Insolvenz geschickt

Ein Schlusstrich mit Symbolgehalt: Hauptakteur Peter Strieder war nicht dabei, sondern im fernen Mexiko, als der Senat das Tempodrom in die Insolvenz schickte. Der starke Mann der Berliner SPD wurde noch nicht einmal gefragt. Dabei hat der Senat mit dem Insolvenzbeschluss wohl das einzig Vernünftige getan, um aus der unendlichen Skandalgeschichte herauszukommen. Das Knäuel aus Größenwahn, Blauäugigkeit und dubiosen Finanzierungen, zusammengehalten durch die besondere Art des Berliner Filzes, ließ sich nicht mehr anders zerschlagen.

Für Bausenator Strieder, der aus dem Veranstaltungsbau mit der stolzen Krone ein persönliches Prestigeobjekt machte, ist der Beschluss dagegen eine persönliche Niederlage. Er hat sich immer wieder für den Weiterbau der spektakulären Veranstaltungsarena eingesetzt, auch wenn schon früh deutlich wurde, dass die Macher überfordert, die Finanzierung wackelig und die Wirtschaftlichkeit ungeklärt war. Um eine Bauruine am ehemaligen Anhalter Bahnhof zu verhindern, wurde weitergemacht, koste es was es wolle. Am Ende kostete es die politische Glaubwürdigkeit – die von Strieder, und zunehmend auch die der Berliner SPD.

Das Projekt, begonnen von der großen Geldausgeber-Koalition von CDU und SPD, und später unter Beteiligung der mitregierenden Grünen und der PDS fortgesetzt, startete schlecht und endete katastrophal: Es wurde mit 33 Millionen Euro doppelt so teuer wie einst kalkuliert und das ursprünglich privat geplante Projekt ist letztlich fast gänzlich mit öffentlichen Mitteln, Krediten und Bürgschaften gebaut worden. Jetzt ermittelt der Staatsanwalt.

Die Berliner haben längst die Übersicht verloren, wer wann auf welche undurchsichtige Weise weitere Millionen locker gemacht hat, um das Projekt doch noch fertig zu stellen. Es ist den Menschen auch egal. Sie haben längst ihr Urteil gefällt – ganz gleich, zu welchem Schluss die Juristen kommen werden. Das weiß auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit: In der Wählergunst ist die SPD weit abgerutscht. Die neue Politik, die Wowereit und der SPD-Landesvorsitzende Strieder nach dem Bruch mit der CDU versprachen, am Ende ist es doch wieder die altbekannte Wurstelei geworden, derer Berlin so überdrüssig ist.

Nicht nur politisch blieb der rot-roten Landesregierung deshalb kaum noch ein anderer Weg, als das Kapitel Tempodrom zu beenden. Kein Berliner hätte es verstanden, wenn der schmucke Bau nun für wenige Millionen Euro verkauft worden wäre – während das Land Berlin für die Millionen-Kredite und Bürgschaften aufkommen muss. Das hätte die Affäre nicht beendet, im Gegenteil.

Auch wirtschaftlich ist die Insolvenz sinnvoll. Jetzt können in aller Ruhe Altlasten getilgt, Verpflichtungen beendet und auch personell ein Neuanfang gemacht werden. Verkauft werden kann der Bau danach immer noch – zu einem höheren Preis. Nur für den SPD-Landesvorsitzenden Peter Strieder, der sich im Juni der Wiederwahl stellen muss, ist der Job wohl nicht sicherer geworden.

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