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Meinung: „Wenn man ehrlich ist …

… bleibt uns nichts anderes übrig, als neue Schulden zu machen.“ Vielleicht muss man ja aus der bayerischen Provinz stammen, einen Steuerberater zum Vater und zwei Kinder allein durchgebracht haben, um als Politikerin solche Sätze sagen zu können, ohne zu verzweifeln.

Von Antje Sirleschtov

… bleibt uns nichts anderes übrig, als neue Schulden zu machen.“

Vielleicht muss man ja aus der bayerischen Provinz stammen, einen Steuerberater zum Vater und zwei Kinder allein durchgebracht haben, um als Politikerin solche Sätze sagen zu können, ohne zu verzweifeln. Pragmatismus könnte man es bestenfalls nennen, wenn die rot-grüne Regierung jetzt einen Nachtragshaushalt verabschiedet hat, der die Verschuldung auf Rekordniveau treibt, und eine ihrer profiliertesten Finanzexperten das Ganze mit dem schlichten Kommentar versieht, man habe keinen Ausweg aus der Misere. „Wenn man ehrlich ist …“

Ehrlich sei sie, bis unter die Haut. Das sagen alle – von ganz rot bis ganz schwarz – über die 47-jährige Chefin des wichtigen Bundestagsausschusses, den für Finanzen. In den 70er Jahren hat Scheel ihrem Vater das Steuergesetzbuch in der Kanzlei hinterhergetragen. Seit fast 20 Jahren denkt sie nun schon über die Grünen und das Geld nach. Ihr Fazit mündet seither immer in dem einfachen Lehrsatz, demzufolge hohe Steuersätze noch lange nicht hohe Steuereinnahmen nach sich ziehen, und niemand Steuerpolitik machen kann, ohne das Bedürfnis der Deutschen nach Gerechtigkeit und staatlicher Fürsorge zu akzeptieren. „Neoliberal“ hat man sie dafür schon mal gescholten. Und zugleich „spinnert“, wegen der Ökosteuer ihrer Partei. Und beides stimmt wohl auch ein bisschen. Denn im Grunde verbindet sich in guter Finanzpolitik all das: Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und das Bestreben, mit möglichst wenig Steuereinnahmen den größtmöglichen Wohlfahrtseffekt zu erreichen. Dass die Regierung, die Grünen und ihre Finanzexpertin in der Praxis davon weit entfernt sind, muss man allerdings dazusagen. Der Ehrlichkeit halber.

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