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Meinung: Wenn nicht im Großen, dann im Kleinen

Wenn Politik nicht konkret werden will, erfindet sie wichtig klingende Formeln. "Strategische Partnerschaft" ist eine davon.

Wenn Politik nicht konkret werden will, erfindet sie wichtig klingende Formeln. "Strategische Partnerschaft" ist eine davon. Sie ist mal erdacht worden, um so zu tun, als wäre das europäisch-lateinamerikanische Verhältnis politisch von großer Bedeutung. Was natürlich nicht stimmt. Aber das darf niemand laut sagen. Bundeskanzler Schröder wird diese Formel auf seiner Mexiko-Brasilien-Argentinien-Tour wiederholen. Was er nicht sagen kann: Die Beziehungen zu den einen Staaten sind bedeutend, die zu anderen weniger. Bei dieser Reise, die schon im letzten Spätsommer stattfinden sollte, aber wegen der Entscheidung über den Mazedonien-Einsatz verschoben wurde, sind den Deutschen Mexiko und Brasilien wichtiger als Argentinien. Und das hat seinen Grund.

Dazu muss man eine Vorgeschichte erzählen: In den 90er Jahren haben Europäer und Deutsche wegen des Zusammenbruchs des Ostblocks und der Wiedervereinigung die Märkte in Lateinamerika vernachlässigt. Die USA dagegen nutzten die Zeit, um ihr Image zu verbessern. Sie haben Mexiko in die Nafta geholt, und sie haben die meisten Latino-Staaten davon überzeugt, dass eine Freihandelszone von Alaska bis nach Feuerland für alle Staaten sinnvoll ist. Europäer und Deutsche wollten ihre Versäumnisse ausgleichen und begannen, mit dem Mercosur, dem Zusammenschluss der wichtigsten südamerikanischen Länder, über eine eigene Freihandelszone zu verhandeln. Nur leider haben die unprofessionellen Strukturen im Mercosur und der Agrarprotektionismus der EU die Verhandlungen so lange verzögert, dass nicht nur der Mercosur-Verbund vor dem Ende steht, sondern auch die Freihandelszone in weite Ferne gerückt ist.

Deutschland hat seine Konsequenz gezogen. Man will sich wieder mehr auf bilaterale Handelsbeziehungen konzentrieren. Und da sind Mexiko und Brasilien die besseren strategischen Partner als Argentinien. Argentinien hat den Deutschen nur wenig zu bieten. Es gibt dort kaum Industrieansiedlungen. Argentiniens Einfluss in Lateinamerika ist zudem stark gesunken. Die dramatische Staatskrise hat darüber hinaus das Vertrauen der Investoren erschüttert.

In dieser Situation bleiben dem Kanzler nur symbolische Gesten: Sollte ihn Buenos Aires um Finanzhilfen bitten, wird der Kanzler freundlich auf die guten politischen und kulturellen Bande beider Länder verweisen, aber die Bitte sehr bestimmt ablehnen. In Mexiko und Brasilien dagegen wird er mit seiner riesigen Wirtschaftsdelegation Türen öffnen wollen - für deutsche Investoren.

Da passt es ganz gut, dass Mexikos Wirtschaft gerade leicht kriselt. Ausgerechnet im ersten Amtsjahr von Präsident Vicente Fox ist sie geschrumpft. Das liegt vor allem an der starken Abhängigkeit Mexikos von den Amerikanern. Wenn es der US-Wirtschaft schlecht geht, geht es der mexikanischen noch viel schlechter. Die USA absorbieren 85 Prozent der mexikanischen Exporte. Fox will heraus aus dieser Abhängigkeit, deshalb schielt er auf Deutsche und Europäer; mit denen ist im Sommer 2000 auch eine Freihandelszone vereinbart worden.

Willkommen sind die Deutschen auch in Brasilien. Das Land will, ähnlich wie Deutschland in Europa, Zugpferd Südamerikas sein. Man will von den Deutschen lernen. Zudem sind die nirgendwo in der Region wirtschaftlich so stark engagiert wie hier. Noch ein Pluspunkt: Brasilien war im Gegensatz zu Argentinien immer Gegner einer zu starken Bindung an die USA. Das gefällt den Deutschen. Denn wenn sich die USA mit ihren Plänen für eine amerikanische Freihandelszone durchsetzen, würde das Europas Wettbewerbschancen in Südamerika mindern.

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