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Meinung: Wer die Qual hat, hat die Wahl

Der Kongo taugt nicht als Beweis für eine Demokratisierung Afrikas

Im Sudan herrscht Völkermord, in Somalia Anarchie, Simbabwe wird von einem Diktator seit Jahren systematisch ruiniert. Die Misere Afrikas schreit zum Himmel: Auf kaum zwei Prozent ist der Anteil des Kontinents am Welthandel geschrumpft – kein Wunder, dass er die Armut einfach nicht in den Griff bekommt.

Auf der Suche nach einem Erfolgserlebnis blickt Afrika nun ausgerechnet auf den Kongo, der bislang als Inbegriff für all das galt, was in Afrika verkehrt läuft. Am Sonntag stimmt das Land über den Präsidenten und ein neues Parlament ab. Es wäre der erste freie Urnengang der früheren belgischen Kolonie seit der Unabhängigkeit vor 46 Jahren. Mit viel Glück könnte die Wahl tatsächlich dazu beitragen, dem Kontinent mehr Stabilität zu verleihen. Genauso gut könnte die Wahl jedoch die labile Lage eines Landes verschlimmern, das zuletzt von einer Koalition aus Kriegsverbrechern regiert wurde. Es ist gut möglich, dass sich zumindest einer von ihnen nach der Wahl als Spielverderber entpuppt – und eine neue Kriegsrunde beginnt.

Umso dringlicher stellt sich die Frage über die Zeit nach der Wahl. Dabei geht es weniger um mögliche Unruhen als um die von vielen erhoffte Demokratiedividende. Die kongolesische Bevölkerung setzt ebenso hohe wie unrealistische Erwartungen in die Wahl. Dabei ist nicht damit zu rechnen, dass sich der Lebensstandard rasch verbessert oder die alles zersetzende Korruption nur deshalb versiegt, weil die Führer des Landes plötzlich politisch legitimiert sind.

Für den Kongo gilt das Gleiche wie für Südafrika, wo 1994 durch freie Wahlen das Ende der Apartheid besiegelt wurde: Allgemeine Wahlen und eine schöne Verfassung sind für eine Demokratie zwar notwendig, aber nicht genug.

Erschwert wird der Aufbau demokratischer Strukturen im Kongo noch dadurch, dass seine Politiker ihre Eigeninteressen stets über das Gemeinwohl gestellt haben und der Wille zu einem wirklichen Neubeginn fehlt. Keine der zahlreichen Parteien kämpft hier wirklich für eine Demokratie westlicher Prägung.

Vor diesem düsteren Panorama muss die Demokratiefähigkeit des nie richtig auf die Beine gekommenen Landes ernsthaft bezweifelt werden. Selbst der einstige Hoffnungsträger Südafrika hat zuletzt gezeigt, wie schwer es ist, die westliche Demokratie nach Afrika zu verpflanzen. Obwohl sein Führer Thabo Mbeki gerne die Rassismuskeule gegen den Westen schwingt, hat er sich während des Amoklaufes von Robert Mugabe in Simbabwe nicht ein einziges Mal deutlich von dem Tyrannen distanziert. Dabei hatten sich viele vor allem von Südafrika nach seinem friedlichen Übergang eine stärkere demokratische Befruchtung des Kontinents versprochen. Sie ist ausgeblieben.

All dies zeigt zweierlei: Viele afrikanische Herrscher sind selbst an der Misere ihres Kontinents schuld. Wenn aber der Westen ein Interesse daran hätte, Afrikas Potentaten in ihrem Zerstörungswerk zu bremsen und dem Kontinent beim „nation building“ konkret zu helfen, müsste er endlich eine ehrlichere, prinzipientreuere und geduldigere Afrikapolitik betreiben. Doch damit ist nach den Erfahrungen der Vergangenheit leider kaum zu rechnen.

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