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Meinung: Wie Mullahs über Feminismus

Nahostkonferenzen werden immer dann einberufen, wenn niemandem mehr etwas einfällt

Eigentlich hätte es die große Nahostkonferenz des Tony Blair werden sollen. In London wollte der britische Premier seinen Kritikern zeigen: Seht her, wir kümmern uns nicht nur um den Irak, sondern bringen auch den leidigen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern einer Lösung näher.

Der erste, der Blair einen Strich durch die Rechnung machte, war der amerikanische Präsident. George W. Bush hielt angesichts der sich zuspitzenden Irak-Krise den Zeitpunkt für nicht besonders glücklich, um eine Friedensinitiative zu starten. So wurde aus einer Friedenskonferenz eine Diskussionsveranstaltung über Reformen der Autonomiebehörde – ohne israelische Beteiligung. Und nach dem von Ariel Scharon ausgesprochenen Reiseverbot auch ohne nennenswerte palästinensische Vertretung. So mutierte die Londoner Konferenz zu einer Veranstaltung, wie man sich eine Debatte muslimischer Gelehrter über den Feminismus vorstellt: ohne die eigentlich Betroffenen.

„Ein Jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben hat seine Stunde“ dichtete Salomo in der Bibel. Wäre er heute König von Israel und nicht Ariel, der General, hätte er seinen Überlegungen wohl hinzugefügt, dass auch Nahostinitiativen ihre Zeit haben. Und deren Stunde schlägt momentan nicht. Nicht nur, weil in Israel in zwei Wochen gewählt wird, sondern auch, weil sich Jassir Arafats Macht in Auflösung befindet.

Heute lautet die Frage nicht, wie man die Palästinenserbehörde reformieren kann, sondern: Wer hat eigentlich die Macht? Und: Wie kann so etwas wie ein moderates politisches Zentrum innerhalb der besetzten Gebiete rekonstruiert werden?

Arafat hat sich selber in die Bedeutungslosigkeit manövriert und auch Scharon hat kräftig mitgeholfen, die palästinensische Politik zu atomisieren. Statt eines relativ stabilen Gravitationszentrums existieren jetzt viele lokale Gruppen, Banden und terroristische Warlords nebeneinander, die sich die Macht streitig machen. Beleg dafür ist unter anderem die Tatsache, dass gerade der Beitrag des ägyptischen Geheimdienstchefs Omar Suleiman in London mit Spannung erwartet wurde. Versuchen die Ägypter doch seit geraumer Zeit, Hamas und Islamischer Dschihad zu einem Stillhalteabkommen mit Israel zu bewegen, um der Politik ein Zeitfenster zu öffnen. Denn längst beherrschen die Terror-Organisationen die palästinensische Agenda. Und das wird sich nur ändern, wenn das Machtvakuum in der palästinensischen Führung ein Ende findet.

Wer also heute Reformen sagt, meint Arafat. Hat der doch im Stile nahöstlicher Autokraten die Autonomiebehörde auf seine Person zugeschnitten. Jetzt, da er jeglichen politischen Kredit verspielt hat, besitzt er nur noch die Macht, Veränderungen zu blockieren. So lange Arafat nicht abtritt oder zumindest einen starken Premier neben sich duldet, werden auch hundert Nahostkonferenzen nichts an der derzeitigen Lage ändern.

Angesichts der täglichen Toten und der furchtbaren Lebensverhältnisse der Palästinenser fällt es schwer, sich wie König Salomo in Geduld zu üben. Aber es hilft ja nichts: Erst, wenn die Palästinenser die Führungsfrage klären, werden sie Terroristen in Schach halten und dafür sorgen können, dass Israel politisch unter Druck gerät. Dann werden auch Nahostkonferenzen wieder mehr erbringen als Kommuniqués, die schon im Augenblick ihres Entstehens von der eigenen Vergeblichkeit künden.

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