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Meinung: „Wir entdecken Millionen neuer Gene“

Mit seinem weißen Bart, den blauen Augen und der rot verbrannten Glatze sieht Craig Venter aus wie ein Seebär. Und wirklich: Der bekannteste Genforscher der Welt ist auf seiner luxuriösen Yacht „Sorcerer II“ zu einer großen Expedition über die Weltmeere aufgebrochen.

Mit seinem weißen Bart, den blauen Augen und der rot verbrannten Glatze sieht Craig Venter aus wie ein Seebär. Und wirklich: Der bekannteste Genforscher der Welt ist auf seiner luxuriösen Yacht „Sorcerer II“ zu einer großen Expedition über die Weltmeere aufgebrochen. Wie immer bei Venter geht es um Gene in ganz großem Maßstab. Diesmal will der 58-jährige Amerikaner eine Weltkarte der Erbanlagen erstellen. Und nebenbei, wenn möglich, auch noch das Energieproblem der Menschheit lösen.

Aber fangen wir von vorne an. Weltruhm erlangte Venter, als er 1998 die Genom-Firma Celera gründete und sich mit dem öffentlich geförderten Humangenom-Projekt ein Wettrennen um die Entzifferung des menschlichen Erbguts lieferte. Im Jahre 2000 gingen die Konkurrenten gemeinsam durchs Ziel.

Was folgte, war ein Abstieg auf Zeit. Der Börsenkurs von Celera sackte ab, Anfang 2002 wurde Venter gefeuert. Und auch seine Ehe ging in die Brüche. Aber Venters Katzenjammer währte nicht lange. Im gleichen Jahr gründete er gleich drei wissenschaftliche Institute, die als „J. Craig Venter Institute“ firmieren. Unterstützt werden sie aus den Erträgen einer Stiftung. Der Stifter: J. Craig Venter.

2003 hat die Weltumseglung der „Sorcerer II“ begonnen. Alle 200 Meilen filtern die Mitarbeiter an Bord der 29-Meter-Yacht 200 Liter Meerwasser, um aus ihnen Mikroben zu gewinnen und deren Erbgut im nördlich von Washington in Rockville gelegenen Venter-Institut zu entziffern.

Das Meer ist die Wiege des Lebens, hier ist es vor 3,8 Milliarden Jahren entstanden. Venter träumt von einem genetischen Stammbaum aller Lebewesen. Die Fachwelt war verblüfft, welche Fülle unbekannter Arten er bisher zutage förderte. Bei der Erforschung der Sargassosee im Sommer 2002 fand Venter 1,2 Millionen neuer Gene. Und das ist erst der Anfang.

Venter will das Wissen der Natur nutzen – die Tricks der Mikroben, aus Sonnenlicht Energie zu erzeugen. Warum nicht im Labor Leben nach Maß erzeugen, das die Energie für das Wasserstoffzeitalter herstellt?

Bedenken hat Venter nicht. Und er wandelt auf den Spuren eines anderen Forschungsreisenden: Charles Darwin. Dessen Entdeckungsfahrt vor 170 Jahren war die Geburtsstunde der Evolutionstheorie. Darwin ersetzte Gott durch den Zufall. Jetzt könnte Venter den Zufall ersetzen. Durch Venter.

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