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Meinung: Wo nur Bank drin ist, darf nicht Sparkasse draufstehen

Einige Anmerkungen zur Privatisierung des Berliner Kreditwesens Von Burkhard Müller-Ullrich

Geld ist bekanntlich Glaubenssache. Von wegen Mathematik und Rationalität, von wegen Klarheit, Wahrheit und Exaktheit; wenn es um Geld geht, sind meist auch Wahnsinn und Magie im Spiel. Das gilt nicht nur für Börsenblasen, für jene metaphysischen Momente sinnlosen Wertzuwachses, in denen sich die Kapitalanleger kollektiv hypnotisieren lassen, sondern es trifft auch im alltäglichen Bankgeschäft zu.

Warum zum Beispiel sind Sparkassen so populär? Doch nicht etwa wegen der Gewährträgerhaftung, von der haben die meisten Menschen ohnehin noch nie gehört. Gewährträgerhaftung bedeutet, dass, wenn bei der Sparkasse irgendetwas schief geht, eine Stadt oder ein Landkreis finanziell einspringen muss. Nein, allein der Name Sparkasse hat etwas vertrauenerweckend Solides.

Während Bank immer ein bisschen nach Spielbank klingt, nach Herstatt und Bankrott, hört man bei dem Begriff Sparkasse förmlich, wie sich die Moneten ansammeln. Deshalb würden sich Banken lieber Sparkassen nennen als Sparkassen Banken. Dürfen sie aber nicht, denn nach Paragraph 40 des deutschen Kreditwesengesetzes muss, wo Sparkasse draufsteht, ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut drin sein und nicht etwa ein privates. Dieser Paragraph hat inzwischen den für Fragen des Binnenmarktes zuständigen EU-Kommissar in Brüssel auf den Plan gerufen. Er muss entscheiden, ob der Namensschutz für deutsche Sparkassen einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil darstellt, weil er eine Übernahme einer Sparkasse durch eine Bank unmöglich macht. Jedenfalls dürfte die Sparkasse dann nicht mehr so heißen, und das würde ihren Wert erheblich mindern.

Der Fall wird jetzt in Berlin akut, weil sich das Land bekanntlich auf EU-Befehl von seiner Bankgesellschaft trennen muss, und nachdem nun die eine Tochter gerade an Herrn Ackermann verheiratet wurde, muss nun noch die andere Tochter namens Sparkasse unter die Haube gebracht werden. Die Hochzeitsmetaphorik führt allerdings ein bisschen in die Irre, schließlich handelt es sich um Verkaufsakte. Also Eigentumsübertragung, und zwar von der öffentlichen Hand in private Hände.

Wahrhaftig, da scheint doch eine Kleinigkeit in der Regierungsrechnung nicht ganz zu stimmen! „Wer baute das siebentorige Theben?“, fragte einst Bert Brecht, und fuhr mit den berühmten Zeilen fort: „In den Büchern stehen die Namen von Königen. / Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?“ Wenn nicht alles täuscht, wurden die Umtriebe der Berliner Bankgesellschaft, die Pleitenabwehrmaßnahmen und die Kreditausfallgarantien mit Steuermitteln finanziert, also mit Volksvermögen. Das heißt, die Politiker möchten wieder einmal etwas verkaufen, das ihnen gar nicht gehört – mal sind es Autobahnen, mal ist es der kommunale Wohnungsbestand.

Oder eben die öffentliche Sparkasse. Was aber die Benennungsfrage so prekär macht, lässt sich weder mit Paragraph 40 des Kreditwesengesetzes noch mit dessen Annullierung durch einen EU-Kommissar lösen. Es ist der erste Teil des Namens der Berliner Sparkasse. Denn egal, wie viel Vertrauen die Kunden noch in eine Sparkasse hätten, die keine mehr wäre: Wer wird schon freiwillig sein Geld von einem Berliner Institut verwalten lassen?

Einen Ausweg aus dem Dilemma zeigt übrigens Paragraph 41 des besagten Gesetzes auf. Unter dem Stichwort „Ausnahmen“ steht dort, dass die Namensschutzbestimmungen nicht für Unternehmen gelten, bei denen der Anschein, dass sie Bankgeschäfte betreiben, von vornherein ausgeschlossen ist. Eine Kneipe dürfte also problemlos „Berliner Sparkasse“ heißen. Und seit dem Bankenskandal wissen wir, dass es in den Berliner Geldhäusern sowieso wie in Kneipen zugeht.

Der Autor ist Publizist und lebt in Köln und Genf.

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