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Meinung: Wozu braucht die PDS einen Parteichef?

Der designierte neue Vorsitzende Lothar Bisky muss sich für einen klaren Kurs entscheiden

Von Sabine Beikler

Wenn es sich Lothar Bisky nicht noch einmal anders überlegt, wird er am heutigen Sonnabend zum zweiten Mal als PDS-Vorsitzender gewählt. Seine Vorgängerin Gabi Zimmer hinterlässt ihm einen Scherbenhaufen: eine vor sich hin dümpelnde Partei ohne Führung, ohne Strategie, ohne Handlungsfähigkeit und Visionen. Die letzten beiden Bastionen der Sozialisten sind die rot-roten Koalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Rückenwind können die beiden Landesverbände vom Bundesparteitag an diesem Wochenende nicht erwarten. Immerhin werden sie weiter unauffällig mitregieren können. Aber mittelfristig brauchen sie ein klares Bekenntnis der Bundespartei zu ihrem realpolitischen Regierungskurs. Andernfalls werden sie es sehr schwer haben, sich zu behaupten.

Vor ein paar Tagen beschwor Lothar Bisky den Parteitag als „Chance zu einem Neustart“. Damit meinte er aber nur die Neubesetzung im Vorstand. Biskys Vorschläge sind nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen worden, weder bei der Parteilinken noch unter den Reformern. Bisky hatte an die Delegierten geschrieben, die PDS brauche jetzt einen Vorstand, der entschlossen ist, sich in den Dienst der Partei zu stellen. Was auch immer das bedeuten mag.

Glaube allein und neue Gesichter führen die PDS nicht aus der Führungskrise. Was ist der Inhalt, wo ist das Profil der Partei? Eigentlich wäre die Agenda 2010 ein Glücksfall für jede sozialistische Partei, die sich auf ihre Fahnen das Thema soziale Gerechtigkeit geschrieben hat. Doch außer der zaghaften und leisen Vorstellung einer „Alternativ-Agenda“ hat sich die PDS bisher nicht als Wahrerin sozialer Besitzstände hervorgetan. Und das Thema Ostdeutschland? 2004 werden in Brandenburg, Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. In den Umfragen hält die PDS mit der SPD mit, kann sie gar im einen oder anderen Land überholen. Doch die PDS wird nicht mehr als glaubwürdige Vertreterin von Ost-Interessen wahrgenommen, sondern allenfalls als Oppositionskraft. Für manchen Sozialisten mag das reichen, für das Überleben der Partei ist das nicht genug.

Eigentlich müsste Bisky seine Partei an diesem Wochenende zu einem radikalen Schnitt auffordern, indem er sie vor die Entscheidung stellt: Reformpolitik oder Strukturkonservatismus. Die Reformer würden sich durchsetzen, aber damit riskierte Bisky den Bruch mit der dogmatischen Linken. Die halten die Regierungsbeteiligungen in den Ländern für die Ursache der Niederlage bei der Bundestagswahl und fordern, die PDS als „gestaltende Opposition“ auszurichten. Die Reformer halten dagegen: Verhindern ist keine Politik, die Partei muss handeln können, und dazu braucht sie klare Ziele.

Bisky fürchtet, dass die Partei ohne die Linke, die vor allem bei älteren Mitgliedern und im Westen Anhänger hat, zu klein wird. Mit der Linken aber nimmt er in Kauf, dass die Partei am ständigen Zwang zu inneren Kompromissen zwischen den Flügeln erstickt. Der neue Vorsitzende nennt dies „Integrationskurs“.

Doch wohin mit der PDS die Reise geht, bleibt, von außen betrachtet, ganz unklar. Was ist zu halten von einer Partei, die Kürzungen im Sozialbereich auf Bundesebene kämpferisch ablehnt und in den Ländern, wo sie mitregiert, klandestin vollzieht? So wird Bisky zum Problem für die Landesverbände, und die sind eins für ihn. Diesen Widerspruch muss er auflösen, sonst bleibt der PDS nur der sanfte Untergang.

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