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Kind in die Kita oder doch lieber zu Hause erziehen? Für viele Familien stellt sich die Frage überhaupt nicht - entweder weil entsprechende Betreuungsangebote fehlen, oder die finanziellen Mittel.

© dpa

Zank um Erziehung: Beim Betreuungsgeld geht es vor allem um Psychologie

Befürworter versprechen sich vom Betreuungsgeld mehr Wahlfreiheit. Die wäre zwar auch anders zu haben - die Politiker zanken trotzdem weiter.

Wenn in der Familienpolitik über Kinder und deren Erziehung gestritten wird, wird es schnell emotional. Schließlich geht es geht es immer auch um das eigene Lebensmodell, für das sich Mütter, aber auch zunehmend Väter rechtfertigen müssen. Es ist daher wenig erstaunlich, dass die CSU mit ihrem lautstarken Werben für ein Betreuungsgeld polarisiert. Bemerkenswert ist aber, welchen Unmut die Christsozialen inzwischen auch in der Schwesterpartei CDU hervorrufen.

Beim Betreuungsgeld geht es vor allem um Psychologie. Zwar hat sich die CSU von der Idee des früheren Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber verabschiedet, ein Erziehungsgehalt von 1000 Euro einzuführen. Die Partei verlangt aber immer noch Anerkennung für das einst klassische Familienmodell, bei dem ein Partner den Lebensunterhalt sichert und der andere sich zu Hause um die Erziehung der Kinder kümmert. Sie will das Betreuungsgeld von 150 Euro im Monat darüber hinaus an all die Eltern zahlen, die arbeiten und ihre Kinder nicht in der Krippe oder von einer Tagesmutter betreuen lassen, sondern die Oma oder eine private Kinderfrau dafür engagieren.

Die CSU hat dabei vor allem ihre konservative Klientel im ländlich geprägten Bayern vor Augen. Leider verliert sie dabei den Blick für Realitäten, wie sie nicht nur in Großstädten wie Berlin oder im Ruhrgebiet herrschen. Für sozial schwächere Familien kann eine Barauszahlung von 150 Euro im Monat durchaus ein Anreiz sein, ein Kind nicht in die Krippe zu schicken, sondern lieber zu Hause zu betreuen. Doch gerade für Kinder aus bildungsfernen Schichten ist das frühe Zusammensein mit anderen in der Gruppe besonders wichtig. Darauf weisen auch viele Kritiker aus der CDU hin. Das Thema Integration ist für sie wichtiger als das Festhalten an Familienbildern.

Welche Auswirkungen Leistungen wie das Betreuungsgeld haben, lässt sich im Ausland betrachten.

Welche Auswirkungen Leistungen wie das Betreuungsgeld haben, lässt sich in Norwegen besichtigen: Dort ist nicht nur die Zahl der Kleinkinder gesunken, die in einer staatlich geförderten Einrichtung betreut wurden. Auch Mütter mit geringer Bildung haben sich dort vom Arbeitsmarkt zurückgezogen – obwohl es dort genügend Betreuungseinrichtungen gibt.

Das sieht in Deutschland anders aus: In vielen Teilen Westdeutschlands ist der Kita-Ausbau nicht weit genug vorangekommen. Ab August 2013 haben Eltern aber einen Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer Kinder unter drei Jahren. Die Kommunen fürchten schon jetzt, dass sie diesen Anspruch nicht werden einlösen können. Derzeit fehlen bundesweit mehr als 200 000 Betreuungsplätze und bis zu 20 000 Erzieherinnen. Hier zu investieren, wäre sinnvoll. Sollte die Bundesregierung 2013 das Betreuungsgeld einführen, würde sie sich von dieser Aufgabe ein Stück weit freikaufen. Sie könnte argumentieren, dass der Staat auch eine finanzielle Anerkennung für die Familien bereithält, die ihre Betreuung privat organisieren.

Befürworter des Betreuungsgeldes nutzen gern das Schlagwort von der Wahlfreiheit. Doch muss der Staat sie so finanzieren? Viele junge Paare wünschen sich Kinder und den Beruf für beide Partner. Hier sollte die Politik ansetzen: mehr Kindergärten mit flexibleren Öffnungszeiten, mehr Personal für eine bessere Betreuung. Eine Arbeitswelt, die stärker in die Pflicht genommen wird, sich auf die Bedürfnisse von Familien einzustellen, angefangen bei flexiblen Arbeitszeiten. Wie das alles vorangebracht werden kann – darüber würde der Streit sich lohnen.

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