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Meinung: Zauderer der Republik

Außenpolitisch prescht er voran, doch in Inneren bleibt François Hollande schwach.

François Hollande gilt vielen als Zauderer. Nicht nur seine Gegner werfen dem sozialistischen Präsidenten Frankreichs Entschlusslosigkeit vor. Auch unter seinen Freunden gibt es nicht wenige, die darüber stöhnen, wie er taktiere und Entscheidungen vor sich herschiebe. Hollande ist, anders als sein konservativer Vorgänger Nicolas Sarkozy, kein Draufgänger, der mit impulsiven Beschlüssen seine Umgebung überraschte und Betroffene häufig vor den Kopf stieß. Als langjähriger Chef der Sozialistischen Partei hatte Hollande deren widerstreitende Flügel immer wieder durch Kompromisse erfolgreich bei der Stange gehalten. Die Suche nach dem Konsens ist ihm auch als Präsident wichtig. Er zieht sie oft raschen klaren Vorgaben vor. Darin ähnelt er seinem großen Vorbild, dem früheren Präsidenten François Mitterrand.

Reformen, so sagt Hollande, müssten verstanden und akzeptiert werden. Ob für den Abbau der Staatsschulden oder die Reform der Renten, für alles nimmt sich Hollande Zeit – mehr Zeit, als etwa die Euro-Partner zugestehen möchten. Brüssel hatte die Rentenreform schon früher angemahnt. Doch Hollande kam es darauf an, das explosive Thema durch Konsens der Sozialpartner zu entschärfen. Zu Protestdemonstrationen gibt es für die Gewerkschaften keinen Grund, auch wenn sich die Reform schon in ein paar Jahren als unzureichend erweisen sollte.

Wenn es aber ein Gebiet gibt, auf dem der Vorwurf des entschlusslosen Taktierers an Hollande abprallt, dann ist es die Außenpolitik, genauer die Militärpolitik. Noch vor einem Jahr hatte Sarkozy seinem Nachfolger angesichts der Massaker in Syrien Tatenlosigkeit vorgehalten. Das war billige Polemik des Wahlverlierers, der sich im Glanz seiner erfolgreichen Libyen-Intervention sonnte.

Die Krise in Syrien und das Vorgehen Frankreichs in Libyen sind nicht vergleichbar. Und dass Hollande zu Entscheidungen von internationaler Tragweite fähig ist, zeigte sich Anfang des Jahres bei Frankreichs Alleingang in Mali. Jetzt bewies er es erneut mit seinem Beschluss zu einer „Strafaktion“ gegen das Regime des syrischen Diktators Baschar al Assad, das er für den Giftgasangriff vom 21. August auf die eigene Bevölkerung verantwortlich macht.

Die Befugnis des Präsidenten, über Frankreichs militärisches Eingreifen zu entscheiden, leitet sich aus der Verfassung ab, die de Gaulle Frankreich 1958 gab. Sie gibt dem Präsidenten die Vollmacht, über Interventionen zu entscheiden, ohne vorher das Parlament fragen zu müssen. Es muss lediglich informiert werden und kann, wie bei der am Mittwoch angesetzten Sondersitzung, über Ziel und Sinn des Einsatzes debattieren, jedoch, sofern es die Regierung nicht wünscht, nicht darüber abstimmen. Hollande hat US-Präsident Barack Obama versichert, auch nach dem Ausscheren Großbritanniens zur Aktion gegen Syrien zu stehen. Ein Nein des US-Kongresses könnte das Vorhaben dennoch zu Fall bringen.

Nun fordert die konservative Opposition, die bisher den Präsidenten in dieser Frage unterstützte, dass auch das französische Parlament über das Vorgehen gegen Damaskus abstimmt. Die Vermutung ist nicht abwegig, dass ihre Sprecher auf einen Stimmungsumschwung spekulieren, um Hollande aus opportunistischen Gründen die Hände zu binden.

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