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Meinung: Zeit der Entscheidung

ATTENTAT IN ISRAEL

Genau vor 30 Jahren, an Jom Kippur 1973, stand die damalige israelische Regierungschefin Golda Meir vor der schwierigsten Entscheidung ihres Lebens. Israels Geheimdienst hatte morgens gemeldet, dass Ägypten und Syrien abends einen Krieg beginnen würden. Die Nachricht kam früh genug, damit Israel nicht ganz überrascht wurde, aber zu spät, um den Angriff von Beginn an abzuwehren. 30 Jahre später steht der Nahe Osten wieder am Scheideweg. Nach dem blutigen Anschlag in Haifa wird sich nun Ariel Scharon entscheiden, ob er Palästinenserpräsident Jassir Arafat ausweist. Und wie vor 30 Jahren gibt es auch diesmal keine beste Lösung. Arafat ungeschoren zu lassen, hieße, die Zeit der Lähmung zu verlängern. Auch wenn Arafat für den Anschlag auf das von Juden gern besuchte arabische Restaurant in Haifa nicht direkt verantwortlich ist, so paktiert er doch weiter mit den Terroristen der Al Aqsa-Brigaden – und verhindert, dass sich ein anderer palästinensischer Führer durchsetzen kann, der mehr Mut zum Frieden hat. Andererseits: Wenn die Israelis Arafat ausweisen oder gar töten, würde ein großer Teil der Fatah-Führung ins Exil gehen. Dann wäre der Oslo-Prozess endgültig tot. Und man hätte wieder die alte Situation: Eine radikalisierte PLO-Führung im Ausland pocht auf Maximalforderungen und jeder, der in den besetzten Gebieten nach Kompromissen sucht, wird als Verräter gebrandmarkt. Deshalb müssen Amerikaner und Europäer nun alles dransetzen, die Israelis von einer Entscheidung abzubringen, die den Nahen Osten um mehr als 10 Jahre zurückwerfen würde. Einen Sicherheitszaun zu bauen und auf das natürliche Ende von Arafats Amtszeit zu warten: Das ist keine gute Lösung, aber unter schlechten die bessere. clw

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