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Jedes Jahr das gleiche Drama: In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden die Uhren auf die Winterzeit umgestellt.

© dapd

Zeitumstellung: Augen zu und durch

Zurück auf Normalzeit: Für den Menschen ist es gut, wenn er viel schläft.

Im Internet ist nie Feierabend. Pausenlos sind neue Informationen verfügbar. Wer mithalten will, muss informiert sein. Abschalten, offline gehen, wird immer schwieriger. Wer die Nacht durcharbeitet, signalisiert Einsatzbereitschaft und Härte. Wer die Nacht durchfeiert, ist cool. Schlafen ist was für Weicheier. Schlafen kann sich eigentlich keiner mehr leisten.

Tatsächlich schlafen die Deutschen heute täglich zwei Stunden weniger als vor 100 Jahren. Damals verbrachten sie im Schnitt neun Stunden im Bett, heute sind es fünf bis sieben. Jeder vierte klagt über Schlafstörungen. Die Schlafforscher sind alarmiert: Um gesund zu bleiben, braucht der Mensch sechs bis acht Stunden. Dem Biorhythmus entkommt keiner. Dauerhaft weniger als sechs Stunden erhöht das Risiko für Herzinfarkt, Magen-Darm-Erkrankungen und für Burn-out sowieso. Aber hören wollte das in den vergangenen Jahrzehnten keiner so richtig.

Aber vielleicht naht ja schon die Rettung für die verunglimpfte Daseinsform. Prominente wie die französische Schauspielerin Sophie Marceau springen ihr zur Seite. Dass sie mit Mitte vierzig immer noch faltenlos sei, liege nicht daran, dass sie Wunderpillen schlucke, bekannte sie kürzlich in Interviews. Sie gehe einfach früh ins Bett.

Die Wellness-Gurus haben den Schlaf zum neuen Trend erhoben. In einschlägigen Zeitschriften und Blogs liest man nun immer häufiger, dass schlafen schön macht und schlank und klug, untermauert von wissenschaftlichen Studien aus den USA, Australien, England. Schlafen kommt in Mode und avanciert zum neuen Luxusgut.

War wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch die Generation Bio den Biorhythmus entdeckt. Schlafen wird für sie zur Zutat eines nachhaltigen, umweltbewussten Lebensstils wie das glücklich aufgewachsene Schnitzel und die saubere Luft.

Sollte sich Schlafen als neuer Trend durchsetzen, können auch Familien neu hoffen. Vielleicht gibt es dann morgens endlich eine Stunde mehr und weniger Geschrei beim Wecken und Aufstehen der Kinder. Vielleicht gibt es dann endlich den Schulbeginn um neun Uhr. Erwachsene tun sich schon schwer genug damit, um acht Uhr konzentriert zu arbeiten, aber dem Biorhythmus von Kindern entspricht es gar nicht, so früh aufmerksam zu sein. Darauf weisen Schlafmediziner seit Jahren hin, ohne gehört zu werden. Im Gegenteil: Schulbehörden denken sich nullte Stunden aus, um die Leistungsbereitschaft der Kleinen schon um kurz nach sieben auf die Probe zu stellen.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird die Uhr umgestellt, zurück auf „Normalzeit“. Es wird uns eine Stunde geschenkt. Wir können einfach ausschlafen, egal ob es unserem Lebensstil entspricht oder einfach, weil die Woche anstrengend war. Und wer am Montag wieder leisten und streben muss, für den gibt es den „Powernap“. Ist so gut wie das alte Nickerchen, heißt halt anders.

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