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Sängerkrieg der Heidehasen. Das Kindermusical von James Krüss aus dem Jahr 1958 ist längst ein Kultstück an Kindertheatern, etwa bei Hans Wurst Nachfahren in Berlin-Schöneberg.

© promo

Zeitumstellung zu Ostern: Von Ohren und Uhren

Am Wochenende werden die Uhren vorgestellt. Was die Zeitumstellung mit dem Ostersonntag, mit Kindertheater und Wagner'schen Sängerkriegen zu tun hat, verrät diese Hasenkolumne.

Als ich heute früh erwachte, fand ich meine Uhr verstellt: Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es in unseren Breitengraden keine Sommer- und Winterzeit. Niemand drehte an Zeigern, drückte auf Timer-Knöpfe oder verließ sich auf die digitale Automatik, um die Zeit zu verschieben. Damals, in der seligen Welt der Kindheit, war es einzig Gesangsdirektor Wackelohr mit der grollenden Bassstimme, der eines Nachts die Uhr verstellte, angestiftet vom superbösen Gesangsminister. Es war die Sonnenuhr am Hasenbau des jungen, hübschen Tenors Lodengrün, die er manipulierte, denn der hoffnungsvollste Anwärter im Sängerkrieg der Heidehasen sollte nicht rechtzeitig zum Wettstreit auf der Festwiese erscheinen.

Uhr verstellen: Das war einst eine fiese Intrige im Reich von Lamprecht VII., dem König der Hasen und Karnickel, eine Verschwörung dickleibiger Alphatiere, die der Jugend die Zukunft nicht gönnten. Die Älteren erinnern sich. An die Kinderschallplatte von James Krüss. An den wohligen Schauder, wenn Wackelohr um ein Haar von Nachbarin Karline erwischt wird (und an Karlines herrlich sächselnden Hasenmann). An die Aufregung, wenn Lodengrün, der wahnsinnig gerne lang schläft, viel zu spät loshoppelt und auf dem Weg sein Lied zu dichten beginnt: „Als ich heute früh erwachte/fand ich meine Uhr verstellt./ Um fünf ganze Viertelstunden/ hatte jemand mich geprellt.“ Und an das Glück – „Holladihi, Holladiho“ –, wenn die Heidehasen-Prinzessin am Ende ihren feschen Lodengrün kriegt und der dicke Wackelohr samt Minister außer Landes verbannt wird.

Noch recherchieren Tagesspiegel-Reporter, welche Intrige hinter der Zeitumstellung am kommenden Osterhasen-Sonntag steckt. Vielleicht sind’s ja die Theaterleute von Hans Wurst Nachfahren – nein, nicht an der Neuköllner Hasenheide, sondern am Schöneberger Winterfeldtplatz. Die spielen das Kultstück nämlich noch bis Ostermontag, vor Papphasenohren-bestücktem jüngerem Publikum und lauthals mitsingenden älteren Semestern. „Der Sängerkrieg der Heidehasen“ mit Leierkasten, tollen Handpuppen und einer Büste des großen Mümmelmanns auf dem Stutzflügel: Beethoven als Vielohrhase.

Hojotoho statt Holladihi, Lohengrin statt Lodengrün: An den richtigen Opernhäusern spielen sie über Ostern nicht Beethoven, sondern Wagner, den anderen großen Mümmelmann. Aber was ist das Sängerfest auf der Wartburg, was sind Tannhäuser, der Schwanenprinz und die Meistersinger von Nürnberg gegen „Hasenland sucht den Superstar“. Eins, zwei, hopp, hopp: Solange das Glück uns Langschläfern hold ist, können sie die Uhr ruhig verstellen.

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