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Meinung: Zu viel Hoffnung

Wer könnte die Tage der Hoffnung vergessen. Als die ersten Frauen sich wieder in der Öffentlichkeit bewegten, als von den Taliban verbotene Musikkassetten auf den Märkten auftauchten.

Wer könnte die Tage der Hoffnung vergessen. Als die ersten Frauen sich wieder in der Öffentlichkeit bewegten, als von den Taliban verbotene Musikkassetten auf den Märkten auftauchten. Als das afghanische Fernsehen wieder sendete – und das gleich mit einer Frau als Ansagerin – und Fußballer das als Hinrichtungsstätte missbrauchte Stadion zurückeroberten: Ein Versprechen auf eine Gesellschaft, die geläutert aus dem Bürgerkrieg hervorgehen würde. Angesichts der großen Hoffnungen ist das Ergebnis der Loja Dschirga enttäuschend. Regierungschef Hamid Karsai drückte das von ihm gewollte Kabinett mit Macht und Tricks durch, die Scharia soll als Leitfaden der Gesetzgebung dienen und die große Ratsversammlung bot statt Einigkeit ein Bild der Zersplitterung. Enttäuschung auf ganzer Linie? Es waren die unrealistischen Hoffnungen im Westen, die zu einer Fallhöhe führten, aus der man nur abstürzen konnte. Wo sollte sie denn herkommen, jene Zivilgesellschaft, die auf der Loja Dschirga ihr Recht hätte einfordern können? Afghanistan ist so zerstört wie etwa Deutschland nach dem 30-jährigen Krieg. Wenn die Afghanen es schaffen, ihren „Westfälischen Frieden“ zu halten, ist schon viel erreicht. Denn nur darauf kann Schritt für Schritt und mit viel Geduld die Zivilgesellschaft aufgebaut werden, die viele sich erhoffen. clw

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